Datum: 20. Oktober 2016

Bei Wirtschaftsgesprächen in Russland angesichts von Moskaus aktueller Politik kein ‚business as usual‘

(2016-292) Beinahe im Stundentakt werden über soziale Netzwerke Bilder aus Samara und Moskau von Staatsminister Martin Dulig und seiner Wirtschaftsdelegation geteilt. Dazu erklärt Gerd Lippold, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Es ist richtig und wichtig, trotz bestehender EU-Sanktionen auch bestehende Wirtschaftskontakte zu pflegen und langjährige Gesprächsfäden nicht abreißen zu lassen. Sanktionen sind kein Selbstzweck, sondern sollen als außerordentliches Mittel – beispielsweise als Reaktion auf eklatante Völkerrechtsverletzungen – Bemühungen zur Suche nach Lösungen in Gang setzen, die solche Sanktionen wieder verzichtbar machen."

"Doch halte ich eine Informationspolitik der schönen Bilder angesichts inakzeptabler Entwicklungen in jüngster Vergangenheit nicht für ein richtiges Signal. Russische Bomber unterstützen offen Assad bei seinem Versuch, seine Macht mit Krieg gegen die eigene Bevölkerung zu festigen. Seine Strategie, Bevölkerung, die sich nicht in seinem Herrschaftsbereich befindet, entweder außer Landes zu treiben oder zu töten, ist verbrecherisch und unentschuldbar. Weder bei der völkerrechtswidrigen Besetzung der Krim noch bei der Umsetzung des Minsker Abkommens für die Ostukraine hat Putin in jüngster Zeit ernsthafte Lösungsbereitschaft erkennen lassen."

"Ein sächsischer Wirtschaftsminister kann hier nicht ‚business as usual‘ treiben. Ein Treffen mit einem Oppositionspolitiker in der Moskauer Ebert-Stiftung kann klare, auch öffentliche Worte nicht ersetzen. Wir werden Minister Dulig dazu auffordern, die kritischen Positionen gegenüber seinen offiziellen Gesprächspartnern auch im Landtag zu erläutern. Es ist schließlich undenkbar, dass mitten in einer Situation, wo Russland maßgeblich zu einer verheerenden humanitären Krise beiträgt und gemeinsam mit Assad hunderttausende Kriegsflüchtlinge schafft, ein offizielles politisches Gespräch eines hochrangigen sächsischen Regierungsvertreters ohne klare Stellungnahme abgeht."

"Die Geschichte hat eindrucksvoll gezeigt: ein Rückfall in die Machtarithmetik des Kalten Krieges und die Konzentration auf militärische Stärke stellen keinerlei Lösungsoption dar – schon gar nicht für die wirtschaftliche Dauerkrise Russlands, die der eigentliche Hauptgrund für sich abschwächende Wirtschaftsbeziehungen ist. Sachsen tut gut daran, mit all jenen, die Wirtschaftskontakte nach Sachsen pflegen wollen, um einen solchen Rückfall unter allen Umständen zu vermeiden, zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig sind klare Positionen gefragt, die jenen die Aussichtslosigkeit ihrer Strategie aufzeigen, die in Machtproben und Konfliktzuspitzung nach Perspektiven suchen."