Bundesverkehrswegeplan: Elektrifizierungen Dresden−Görlitz und Chemnitz−Leipzig leider nur in Kategorie ‚Potentieller Bedarf‘ eingeordnet
(2016-218) Zum heutigen Beschluss des Bundeskabinetts zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP) erklärt Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, in Hinblick auf die sächsischen Projekte:
"Es ist gut, dass gegenüber dem ersten Entwurf des BVWP die Elektrifizierung von Chemnitz nach Leipzig nun im Plan berücksichtigt ist. Ebenso wie die Elektrifizierung der Strecke Dresden–Görlitz ist sie aber nur in der schwächsten Kategorie ‚Potentieller Bedarf‘ eingeordnet. Darum sehe ich keinen Anlass für ausgelassenen Jubel."
"Jetzt muss sich beweisen, dass diese Einordnung mehr als eine Gesichtswahrung für Bundes- und Landesregierung ist. In der Sache ist noch nichts gewonnen. Das jahrelange Trauerspiel um den Ausbau der Strecke Berlin–Dresden sollte uns Sachsen dabei eine Warnung sein. Jetzt heißt es für Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), der Deutsche Bahn AG (DB AG) freundlich, aber bestimmt auf die Zehen zu treten. Die sächsische Staatsregierung muss sich mit dem aktuellen Fernverkehrskonzept der Bahn auseinandersetzen und die ablehnende Haltung der DB AG zum Streckenausbaus Chemnitz–Leipzig ändern. Chemnitz und Südwestsachsen brauchen endlich einen Fernverkehrsanschluss."
"Um die Chancen der Elektrifizierung der Strecken Dresden–Görlitz sowie Chemnitz–Leipzig zu erhöhen, sollte die Staatsregierung dem Bund eine Mitfinanzierung anbieten. Warum sollte beim Bahnverkehr in Sachsen nicht möglich sein, was der Freistaat beim Neubau der Autobahn A72 mit über 50 Mio. Euro schon getan hat. Auch die Länder Schleswig-Holstein, Bayern und Baden-Württemberg haben in der Vergangenheit Bahnprojekte schon mitfinanziert bzw. praktizieren dies aktuell."
"Irritierenderweise werden bei beiden Maßnahmen im vorliegenden BVWP keine Angaben zum Planungsstand gemacht, obwohl in der Vergangenheit für beide Vorhaben bereits Planungsgelder auch des Freistaates ausgegeben wurden. Hier sollte das sächsische Wirtschaftsministerium einen besseren Planungsstand nach Berlin signalisieren."
"Im Landeshaushalt 2016 sind 4 Millionen Euro für Planungsleistungen zur Elektrifizierung der Strecke Chemnitz–Leipzig eingestellt. Ich erwarte, dass dieses Geld nach Einordnung des Projekts in den BVWP nun tatsächlich für die Planung ausgegeben wird."
"Die Haltung ‚Abwarten und Hoffen‘ verbietet sich von selbst. Wirtschaftsminister Martin Dulig darf aber nicht nur nach Berlin schielen, sondern muss die von seinen Vorgängern sträflich verschlafenen Hausaufgaben machen und mehr Fahrgäste für den Bahnverkehr in der dicht bewohnten Region Südwestsachsens gewinnen. Mehr Fahrgäste und eine sächsische Mitfinanzierung sind zwei starke Argumente für die Realisierung der Projekte. Ziel muss sowohl für Dresden–Görlitz als auch für Chemnitz–Leipzig eine zügige Planfeststellung sein."
"Im Straßenbau wurden einige geplante Ortsumfahrungen eine Kategorie aus dem ‚Weiteren Bedarf‘ in den ‚Vordringlichen Bedarf‘ hochgestuft. Die zur Verfügung stehenden Finanzmittel reichen nach bisheriger Erfahrung nicht einmal für die Projekte des sog. ‚Vordringlichen Bedarfs‘ aus. Die 19 sächsischen Straßenprojekte, die in die Kategorie ‚Weiterer Bedarf‘ eingeordnet wurden, haben überhaupt keine Chance, bis zum Jahr 2030 angegangen zu werden. In der Periode des bisherigen Bundesverkehrswegeplans im Zeitraum 2003 bis 2015 ist nicht ein einziges sächsisches Projekt aus dieser Kategorie realisiert worden. Selbst von den sächsischen Straßenprojekten aus der Kategorie ‚Vordringlicher Bedarf‘ wurde die Hälfte nicht gebaut."
"Wir brauchen eine neue Ehrlichkeit in der Verkehrspolitik des Freistaats. Nun muss es darum gehen, sich von den unrealistischen Träumen zu verabschieden. Der Grundsatz ‚Erhalt vor Neubau‘ sollte auch in Sachsens Verkehrspolitik zur Prämisse werden. Ich ermuntere den Wirtschaftsminister, den betroffenen Kommunen Unterstützung für machbare verkehrsberuhigende und lärmmindernde Maßnahmen anzubieten."
"Dass auf die Kritik von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sowie dem Umweltbundesamt (UBA), dass dieser BVWP nicht zur Umsetzung wichtiger umwelt- und vor allem klimapolitischer Ziele beiträgt, keine grundlegende Überarbeitung folgte, macht deutlich, dass weiter eine Verkehrspolitik von gestern praktiziert wird. Eine Investitionsquote von 60 Prozent der Mittel für die Schiene wäre der richtige Schritt. Doch davon sind wir meilenweit entfernt."
» Kabinettsvorlage Bundesverkehrswegeplan (BVWP) [PDF]