Eckwerte zum Doppelhaushalt − Die Regelungen zum kommunalen Finanzausgleich werden der Situation vor Ort nicht mehr gerecht
(2016-99) Zum Beschluss der Eckwerte für den Doppelhaushalt 2017/2018 durch die Staatsregierung erklärt Franziska Schubert, haushalts- und finanzpolitische Sprecherin sowie stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Sachsen hat viele Probleme: der Freistaat ist hochgradig abhängig von Transferzahlungen, die Kommunen ächzen, der ÖPNV blutet aus. Der Bildungsbereich zeigt immer deutlicher die Spuren jahrelanger Vernachlässigung, ein wirtschaftlicher Strukturwandel kommt nur schleppend voran – Sachsen hinkt hinterher. Die präsentierten Ergebnisse der Eckwerteklausur lassen für 2017/18 nur wenig Verbesserungen erwarten."
"Ein großer Wurf der Staatsregierung ist nicht zu erkennen. Ich hätte mir insbesondere in den Bereichen ÖPNV, Bildung, Demografie und kommunaler Finanzausgleich realitätsnahe und richtungsweisende Aussagen gewünscht. Wie schon beim letzten Doppelhaushalt: Fehlanzeige. Die grundsätzlich schwierige, strukturelle Situation des sächsischen Haushalts wird in keiner Weise korrigiert. Ich meine damit die hohe Abhängigkeit von Bundes- und EU-Geldern und fehlende Maßnahmen zur langfristigen Erhöhung eigener Einnahmen sowie die vielen Extrahaushalte."
"Die bestehenden Regelungen zum kommunalen Finanzausgleich sind nicht mehr geeignet, den Situationen vor Ort gerecht zu werden. Das trifft die Stadt Leipzig ebenso wie die Landkreise. Zum Beispiel haben die Landkreise Nordsachsen und Görlitz allein nur aufgrund ihrer nicht selbst verschuldeten hohen ‚Soziallasten‘ ein inzwischen planbares Defizit in ihren Haushalten. Wenn ganze Landkreise Sachsens bewusst unterfinanziert werden, dann nimmt die Staatsregierung ihre Verantwortung für den Freistaat in seiner Gesamtheit nicht mehr wahr. Von wegen Anwälte des ländlichen Raums – der wird seit Jahren abgehängt."
"Ich fordere eine Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs. Investive und allgemeine Schlüsselzuweisungen gehören ebenso auf den Prüfstand wie das Thema Sonderlasten und der Mehrbelastungsausgleich. Die Kommunen haben in den letzten Jahren eine Vielzahl an Aufgaben übernommen – reicht das, was sie dafür bekommen, überhaupt noch aus? Auch aufgrund einer Vielzahl von Gesprächen, die ich mit Kommunalverantwortlichen geführt habe, sehe ich hier dringenden Handlungsbedarf. In Sachsen leben noch immer mehr Menschen auf dem Land als in der Stadt – und diese Realität muss sich im Haushalt niederschlagen. Das ist möglich – der Freistaat balanciert nicht an der Bankrottkante, wie uns Finanzminister Prof. Georg Unland immer einreden will. Statt Geld zu horten, muss es dahin fließen, wo es gebraucht wird."
"Auch für den kommenden Doppelhaushalt wird wieder eine im bundesweiten Vergleich völlig überhöhte Investitionsquote zum Schwerpunkt erklärt. Wenn die öffentliche Hand in der Größenordnung in Baumaßnahmen investieren will, ist das nicht gleichzusetzen mit einer positiven Landesentwicklung – mit diesem Mythos muss in Sachsen endlich Schluss sein! Für Zukunftsfähigkeit muss man sich viel breiter aufstellen. Fakt ist, dass die Staatsregierung mit dieser Begründung im nächsten Doppelhaushalt wieder Beträge in Millionenhöhe für Investitionen zweckbinden möchte. Es ist schon jetzt klar, dass diese Mittel nicht abgerufen werden. Hochschulen und Kommunen können die Investitionen in der von der Staatsregierung vorgeschlagenen Höhe nicht tätigen, weil sie mit der Kofinanzierung, den Betriebs- und Folgekosten allein gelassen werden. Diese Mittel fehlen aufgrund ihrer Zweckbindung anderswo."
"Seit Jahrzehnten betreibt die CDU – egal mit welchem Koalitionspartner – Personalabbau in der Landesverwaltung, bei Polizei, Schulen, Justiz und auch in allen anderen Bereichen. Bis heute liegt uns weder der Evaluationsbericht der Personalkommission noch ein nachhaltiges Personalkonzept vor, dass verbindliche Neueinstellungskorridore festlegt. Finanzminister Unland bezieht sich in der Pressekonferenz darauf – bewerten können wir es zu diesem Zeitpunkt nicht; wir kennen es einfach noch nicht. Die Altersabgänge in den nächsten fünf Jahren erfordern ein sofortiges Handeln, um die Arbeitsfähigkeit des öffentlichen Dienstes auch nur annähernd zu gewährleisten."
"Die heute von der Staatsregierung präsentierten Ergebnisse der Eckwerteklausur zum Doppelhaushalt 2017/18 zeigen einmal mehr, Sachsen wird einfach nur verwaltet. Politischer Gestaltungswille ist nicht zu erkennen, weder auf Seiten des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und des Finanzministers Prof. Unland (beide CDU), noch in den Wortbeiträgen von Staatsminister Martin Dulig (SPD)."