Geringe Erlöse beim Vattenfall-Verkauf? − GRÜNE: Nur ein verbindlicher Ausstiegsplan kann wieder für eine klare und berechenbare Geschäftsperspektive sorgen
(2016-39) Wie werthaltig ist die zum Verkauf stehende Braunkohlensparte von Vattenfall? Analystenaussagen der letzten Tage hegen daran offenbar große Zweifel. Darüber berichtet heute auch die Sächsische Zeitung. Sie beruft sich auf die schwedische Tageszeitung "Svenska Dagbladet", diese beziffert nun den Unternehmenswert mit allenfalls 200-300 Mio. Euro, möglicherweise auch >>nahe Null<<. Hintergrund sind u. a. Aussagen von Peter Bart, Analyst der großen tschechischen Bank Ceska Sporitelna.
Dabei erwartet Vattenfall seit Ende 2014 für sein deutsches Braunkohlen- und Wasserkraftgeschäft einen Kaufpreis von etwa 3 Mrd. Euro. Vier potenzielle Käufer, darunter drei tschechische Unternehmen, sind aufgefordert, bis zur ersten Märzwoche verbindliche Angebote vorzulegen.
Dazu erklärt Dr. Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Angesichts der Unternehmensbilanzen und der Situation am Strommarkt sind diese Meldungen für mich keine Überraschung. Auch der Kaufinteressent STEAG war bereits zu einer ähnlichen Bewertung gekommen und war nur bereit, unverbindlich maximal 300 Mio. Euro für den Unternehmenswert zu bieten. Auch das Konzept von Greenpeace Nordic sah nur einen Barwert von maximal 500 Mio. Euro. Bei Bergbaufolgekosten von rund 2 Mrd. Euro läuft das effektiv auf einen negativen Kaufpreis hinaus."
"Wenn sich innerhalb nur eines Jahres die Wertvorstellungen für das Braunkohlengeschäft um neun Zehntel reduzieren, so ist das Geschäftsmodell bereits heute hochgradig instabil. Die klimapolitischen und energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern sich aber weiter dynamisch – und nicht zu Gunsten der Kohle. Jedem Investor, der so etwas in die Hand nehmen will, muss klar sein, dass er enorme wirtschaftliche Risiken eingeht. Der sächsischen Staatsregierung, die sich vehement für den Verkauf an Investoren einsetzt, muss sich bewusst werden, dass sie damit auch die Lausitzer und Mitteldeutschen Reviere derselben Unberechenbarkeit aussetzt."
"Es kann nur eine Schlussfolgerung geben: die Staatsregierung muss sich schnellstens für einen nationalen Kohlekonsens einsetzen, der neben einem verbindlichen Ausstiegsplan auch erstmals wieder für eine klare und berechenbare Geschäftsperspektive für die Unternehmen in der Restlaufzeit sorgt. Erhebliche Mittel für die Förderung des Strukturwandels sind als Bestandteil eines solchen Konsenses eine Selbstverständlichkeit. Voraussetzung dafür ist aber die Erkenntnis, dass der bevorstehende Abschied vom Kohlezeitalter gesellschaftliche Realität geworden ist. Für diese Erkenntnis hat die Staatsregierung, hat Sachsen wirklich nicht mehr viel Zeit."
"Anstatt bei absehbaren Bergbaufolgekosten mit einem hastigen Investorendeal enorme Zukunftslasten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu riskieren, sollten die Regierungen von Sachsen und Brandenburg darauf drängen, dass Vattenfall im Rahmen einer nationalen Kohlekonsens-Lösung das Geschäft weiterführt, den schrittweisen Abschied von der Ära der Kohleverstromung selbst vollzieht und den Strukturwandel der Regionen verantwortungsbewusst begleitet. Das fordern die GRÜNEN-Landtagsfraktionen in Brandenburg und Sachsen gemeinsam seit Bekanntwerden der Verkaufsabsichten."