Integration kann nicht als Flickenteppich gelingen
(2016-91) "Integration kann nicht als Flickenteppich gelingen. Viel mehr als das hat das Kabinett leider nicht vorgelegt", kritisiert Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, das vom Kabinett beschlossene Maßnahmenpaket für ein starkes Sachsen von Freitag, dem 4. März 2016.
"Vor allem ist Integration kein Selbstläufer. Das zeigen uns die Erfahrungen aus den alten Bundesländern. Dazu kommt, dass der Freistaat Sachsen ein Integration-Entwicklungsland ist. Damit es gelingt, aus den Schutzsuchenden neue Nachbarinnen und Nachbarn, Kolleginnen und Kollegen, Bekannte sowie Freundinnen und Freunde zu machen, ist ein durchdachtes und langfristig angelegtes Konzept zur Integration notwendig. Es reicht nicht, zivilgesellschaftliche Initiativen mit Geld zu versorgen, wenn es an einer grundlegenden Idee über die Veränderung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen in Sachsen mangelt."
"Die Koalitionsspitzen müssen das Thema Integration als Zukunftschance für Sachsen begreifen und in der Öffentlichkeit vertreten. Die CDU muss endlich ihr Spiel der verteilten Rollen beenden, in dem der CDU-Chef und Teile der Fraktion die nationalkonservative Geige spielen. Integration braucht Verlässlichkeit und Klarheit. Das hilft der Mehrheitsgesellschaft ebenso wie den Geflüchteten und Zugewanderten."
"Das bereits seit dem Jahr 2012 vorliegende Zuwanderungs- und Integrationskonzept der Staatsregierung ist jedenfalls nicht geeignet, um in Sachsen Integration voranzubringen. Denn dort fehlt es an der Benennung konkreter Maßnahmen, Zuständigkeiten und Zeitschienen. Auch Flüchtlinge spielen in diesem Papier keine Rolle. Schon 2012 hatten Migrantenorganisationen das Konzept vor allem deshalb scharf kritisiert, weil die politische Teilhabe von Migrantinnen und Migranten darin keine Rolle spielt. Ich fordere ein umfassendes Integrations- und Teilhabekonzept, das ressortübergreifend konkrete Maßnahmen, überprüfbare Ziele und Verantwortlichkeiten benennt und in dessen Erarbeitungsprozess alle relevanten Akteurinnen und Akteuren einschließlich der Migrantenorganisationen einbezogen werden."
"Notwendiger Bestandteil des Integrationskonzeptes muss zudem die Erarbeitung eines Landesintegrations- und Teilhabegesetzes sein. So werden beispielsweise die derzeitigen Möglichkeiten der Gemeinde- und Landkreisordnung , Beauftragte für Integration zu bestellen von den Kommunen noch zu wenig genutzt. In drei von zehn Landkreisen ist dieser Posten nur im Ehrenamt besetzt. Gleiches gilt für die kommunalen Ausländer- und Migrantenbeiräte, die die Kommunen in Integrationsfragen unterstützen können. Auch dieses Instrumentarium wird in Sachsen noch zu wenig eingesetzt. Daher brauchen wir dafür eine verpflichtende gesetzliche Regelung. Bestandteile eines solchen Gesetzes müssen zudem die interkulturelle Öffnung der Verwaltung sowie die politische Partizipation von Migrantinnen und Migranten sein."
"Wenn sich die Staatsregierung bei diesem Gestaltungsfeld eben so viel Zeit lässt wie beim Handeln gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus kommen wir bei der Integration nur in Trippelschritten voran – Irrwege inklusive."
» Zuwanderungs- und Integrationskonzept der Staatsregierung aus dem Jahr 2012
Hintergrund:
Gemäß dem Mikrozensus betrug der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung im Freistaat Sachsen im Jahr 2014 rund 5,1 Prozent.
Kommunale Ausländer- bzw. Migrantenbeiräte gibt es nur in den Kreisfreien Städten Leipzig, Dresden und Chemnitz.
Die Etablierung von kommunalen Ausländer- bzw. Integrationsbeauftragten lassen die Sächsische Gemeindeordnung (Paragraf 64) und die Sächsische Landkreisordnung (Paragraf 60) zu.
Demnach können die Gemeinden/Landkreise für bestimmte Aufgabenbereiche besondere Beauftragte bestellen. Aber anders als die Gleichstellungsbeauftragten sind sie nicht zwingend vorgeschrieben. In allen Landkreisen und kreisfreien Städten gibt es Ausländerbeauftragte. In drei Landkreisen (Erzgebirge, Meißen, Nordsachsen) arbeiten die Ausländerbeauftragten ehrenamtlich, in den übrigen sind die Beauftragten hauptamtlich tätig. Daneben haben nur die kreisangehörigen Städte Zwickau, Torgau und Markkleeberg Ausländerbeauftragte ernannt.
In zwei Landkreisen (Vogtlandkreis, Zwickau) sind die Ausländer- bzw. Integrationsbeauftragten zugleich Gleichstellungs- bzw. Frauenbeauftragte. Das gleiche gilt für die Ausländer- bzw. Integrationsbeauftragten der Städte Zwickau und Markleeberg.
» Studie des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration ‚Integration von Zuwanderern im Freistaat Sachsen‘ (aufgerufen am 07.03.2016)