Datum: 12. Januar 2016

Kabinett/Schulgesetz – GRÜNE: Das „neue“ Schulgesetz atmet den Geist des alten – Kontinuität wird mit Qualität verwechselt

(2016-17) Zur Vorstellung der Eckpunkte für ein neues Schulgesetz durch Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) und den stellvertretenden Ministerpräsidenten Martin Dulig (SPD) in der heutigen Kabinettspressekonferenz erklärt Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Der von Kultusministerin Kurth ausgegebene Slogan >>So viel Kontinuität wie möglich, so viel Innovation wie nötig<< ist abgegriffen. Erneut wird Kontinuität mit Qualität verwechselt. Auch das ’neue‘ Schulgesetz atmet den Geist des alten – Visionen für die Weiterentwicklung des sächsischen Schulsystems: Fehlanzeige."
"Dennoch begrüße ich es, dass die Staatsregierung zumindest die offensichtlichsten Novellierungsbedarfe erkannt hat. Die Ausweitung der Eigenverantwortung von Schulen ist eine alte GRÜNE Forderung, ebenso die Stärkung der Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern sowie Eltern. Besonders freut mich, dass dabei die Schulen in freier Trägerschaft nicht vergessen wurden. Sie können laut neuem Gesetz in den gesetzlichen Vertretungen der Schüler- und Elternschaft mitwirken. Auch bei der Inklusion werden, trotz weiter bestehendem Ressourcenvorbehalt, endlich überfällige Entscheidungen getroffen: Die Förderschulpflicht wird abgeschafft."
"Mit den vorgestellten Eckpunkten für ein neues Schulgesetz sind jedoch längst nicht alle offenen Fragen geklärt. Ich erwarte, dass die bestehenden Gemeinschaftsschulen endlich aus dem Status der Versuchsschulen befreit und in eine Regelform überführt werden. Es muss weiteren Schulen möglich sein, sich zu Gemeinschaftsschulen zu entwickeln, wenn dies vor Ort gewünscht ist."
"Die Option auf lernzieldifferenten Unterricht an Oberschulen ist begrüßenswert, ersetzt aber nicht den Rechtsanspruch auf inklusive Beschulung, dessen Verankerung im Schulgesetz wir nach wie vor fordern. Aber entscheidend ist zudem, inwieweit der Freistaat bereit ist, in die sächliche Ausstattung zur Umsetzung der Inklusion zu investieren. Wir werden genau darauf achten, ob sich die jetzigen Pläne in den Haushaltsentwurf der Staatsregierung für die Jahre 2017/18 niederschlägt."
"Ich sehe den Freistaat mit dem neuen Gesetz noch nicht gegen weitere berechtigte Klagen gewappnet, etwa wenn es um Schulplätze oder die zweite Fremdsprache geht. Mehr Eigenverantwortung von Schulen darf nicht in einer Verwaltung des Mangels enden. Vielmehr erfordert mehr Schulautonomie auch mehr Begleitung, Beratung, Ressourcen sowie einen Wandel im Verständnis von Schulleitung."
"Ich hoffe, dass das groß angelegte Beteiligungsverfahren nicht zu einer Alibiveranstaltung verkommt, sondern notwendige Änderungen tatsächlich Eingang ins Gesetz finden. Dabei geht es um die Zukunftsfähigkeit des sächsischen Bildungssystems, nicht um die Bewahrung des Koalitionsfriedens."
"Wir werden den Gesetzentwurf nun im Detail prüfen und unsererseits die Gespräche mit Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern, Eltern und Schulträgern fortsetzen. Unser Ziel ist eine Bildungslandschaft mit einem stabilen Schulnetz, passgenauer und verantwortungsvoller Schulorganisation vor Ort mit entsprechender Unterstützung durch die Schulaufsicht sowie eine gute finanzielle und personelle Ausstattung der Schulen."