Nach Rekordverlust bei Porzellan-Manufaktur − GRÜNE fordern Beteiligungsbericht für Unternehmen des Freistaats
(2016-40) Nach dem Rekordverlust bei der Porzellan-Manufaktur Meissen fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag von der Staatsregierung bis zum 31. Mai 2016 die Vorlage eines Beteiligungsberichts. Ein entsprechender Antrag der GRÜNEN-Fraktion steht am Donnerstagabend (4.2.) auf der Tagesordnung der öffentlichen Sitzung des Sächsischen Landtags (TOP 11).
"Es geht nicht an, dass das Parlament seit dem Jahr 2009 nicht mehr informiert wird über die Lage in den Unternehmen des Freistaats und erst auf massiven Druck Informationen durchsickern", kritisiert Franziska Schubert, haushalts- und finanzpolitische Sprecherin und stellv. Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN-Fraktion.
"Wir GRÜNEN wollen diesen Missstand beseitigen und fordern ausdrücklich die jährliche Veröffentlichung eines qualifizierten und aussagekräftigen staatlichen Beteiligungsberichtes. Er muss mindestens Angaben zur Unternehmensstrategie, zur Besetzung der Organe sowie Entwicklungsperspektiven der Gesellschaft beinhalten – so, wie es für jedes andere Unternehmen auch gilt."
"Auch den Abgeordneten der Regierungskoalition von CDU/SPD kann es nicht egal sein, wie es um Sachsens Unternehmensbeteiligungen steht. Hier geht es schließlich um die Verantwortung für Geld, auch Steuergeld. Denn es ist nach wie vor der Landtag, der über die weitere Finanzierung von Unternehmensbeteiligungen entscheiden muss. Durch den Millionen-Verlust der Manufaktur wird die Notwendigkeit des Beteiligungsberichts überdeutlich. Die regelmäßige Berichterstattung ist Voraussetzung für eine sachkundige Entscheidung des Parlaments über Zuschüsse und Kapitalerhöhungen. Darum brauchen wir in Sachsen wieder die jährliche Veröffentlichung eines Beteiligungsberichtes. Für jede Kommune ist das Pflicht! Der Freistaat sollte hier vorbildhaft vorangehen."
Im Gegensatz zur Verweigerungshaltung von Finanzminister Prof. Georg Unland (CDU) sucht der Geschäftsführer der Porzellan-Manufaktur, Tillmann Blaschke, die Öffentlichkeit und berichtet über die dramatische finanzielle Schieflage des Unternehmens (u. a. im Interview mit der Sächsischen Zeitung vom 27.01., S. 22). Dort antwortete er auf die Frage, ob ein Konkurs des Unternehmens zu befürchten ist, »dass der Auftrag lautet, die über dreihundertjährige Tradition des sächsischen Kulturgutes Meissner Porzellan auch in Zukunft fortzuschreiben« und dass der Freistaat als Eigentümer zur Manufaktur stehen würde.
"Unternehmerische Fehlentscheidungen sind auch Sache des Aufsichtsrats! Der Finanzminister kann sich hier nicht herauswinden, indem er alles auf die Geschäftsführung schiebt. Die Porzellanmanufaktur gehört dem Freistaat zu 100 Prozent – damit ist der Freistaat auch zu 100 Prozent in der Verantwortung!", so Schubert.
Der Antrag der GRÜNEN-Fraktion greift die Kritik des Sächsischen Rechnungshofes an der nach wie vor fehlenden Strategie des Freistaates zur Führung und Kontrolle seiner Unternehmensbeteiligungen im Jahresbericht 2015 auf.
» Aktueller Antrag der GRÜNEN-Fraktion ‚Transparenz über Beteiligungen und Stiftungen des Freistaates herstellen und Budgetrecht des Landtages stärken – seit 2009 ausstehenden Beteiligungsbericht endlich vorlegen‘ (Drs. 6/3982)
» Kritik des Sächsischen Rechnungshofs im Jahresbericht 2015 (Band I: Haushaltsplan, Haushaltsvollzug und Haushaltsrechnung, Staatsverwaltung)
Hintergrund:
Die Bedingungen für eine private Unternehmensbeteiligung des Freistaats sind in der Sächsischen Haushaltsordnung (Paragraf 65) geregelt. Im Einzelnen ist etwa festgeschrieben, dass die Einzahlungsverpflichtungen in der Höhe zu begrenzen sind, der Freistaat einen angemessenen Einfluss auf das Unternehmen erhält und dass die Jahresabschlüsse und Lageberichte aufgestellt und geprüft werden müssen.
Für kommunale Unternehmen muss indes jährlich gemäß Paragraf 99 Abs. 2 Sächsische Gemeindeordnung zwingend ein öffentlicher Beteiligungsbericht mit umfassenden Lage- und Entwicklungsberichten sowie Darstellung aller Finanzbeziehungen vorgelegt werden.
Der Freistaat Sachsen betätigt sich als Unternehmer an 34 Unternehmen unmittelbar und an 46 Unternehmen mittelbar. Der Landtag, der über hohe Summen, die dabei im Spiel sind, entscheiden und kontrollieren soll, wurde von der Staatsregierung seit 2009 nicht mehr über die aktuelle Situation der Unternehmen informiert.