Datum: 22. Januar 2016

ÖPNV-Strategiekommission − GRÜNE: Ohne ÖPNV-Offensive droht die größte Abbestellung von Bahnstrecken in Sachsen seit 25 Jahren

(2016-31) "Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) muss sich schnell um die bedrohten Bahnstrecken in Sachsen kümmern", fordert Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. "Abwarten und am Ende auf die Ergebnisse der ÖPNV-Strategiekommission verweisen, hilft nicht weiter. Angesichts der aktuellen Schwierigkeiten verbietet es sich, den Kopf in den Sand zu stecken.“
"Denn die Abwärtsspirale bei Sachsens Bahnverbindungen droht sich weiterzudrehen. Strecken wie Görlitz−Hoyerswerda, Aue−Thalheim oder Chemnitz−Elsterwerda stehen vor der Abbestellung. Angesichts der absehbaren Kürzungen bei den Regionalisierungsmitteln in den nächsten Jahren bringen die Verkehrsverbünde in Sachsen immer mehr Strecken, die von Abbestellung bedroht sind, ins Spiel", warnt die Abgeordnete.
"Die CDU/SPD-Koalition muss schon im Vorgriff auf den Doppelhaushalt 2017/18 deutliche Signale für mehr Mittel für den ÖPNV senden. Wenn Minister Dulig es ernst meint mit einer auskömmlichen Finanzierung von Bus und Bahn in Sachsen, müssen die Zuschüsse im Haushalt dringend erhöht werden. Mindestens 90 Prozent aller Regionalisierungsmittel müssen kurzfristig im Haushalt an die Verkehrsverbünde weitergeleitet werden – so wie es die SPD in der Opposition immer gefordert hat."
"Doch leider hat es den Anschein, dass sich der Minister und die CDU/SPD-Koalition hinter der Arbeit der ÖPNV-Strategiekommission verstecken möchten."
Anfang Januar wurde der Zwischenbericht der ÖPNV-Strategiekommission veröffentlicht. Mit der Erstellung des Zwischenberichts wurde das Gutachterkonsortium ETC Transport Consultants GmbH und KCW GmbH beauftragt. Die ÖPNV-Strategiekommission selbst wurde für die gesamte Legislatur bis zum Jahr 2019 eingesetzt.
Meier weist zudem auf den "Geburtsfehler" der ÖPNV-Strategiekommission hin:
"Für die Arbeit der Kommission wurden leider keine konkreten Ziele formuliert. Ein Blick nach Nordrhein-Westfalen zeigt, dass eine ÖPNV-Kommission auch anders agieren könnte: Hier sprach sich die Zukunftskommission offensiv für eine 50- bis 100-prozentige Steigerung der ÖPNV-Verkehrsleistung aus. Sie legte konkrete Vorschläge vor, um dieses Ziel zu verwirklichen. Andere Landesregierungen, wie die in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, haben sich Regierungsziele gesetzt. So will Baden-Württemberg seine Fahrgastzahlen im ÖPNV von 2014 bis 2030 verdoppeln; Schleswig-Holsteins Regierung hat erklärt, den ÖPNV-Anteil von 2012 bis 2030 um 50 Prozent zu erhöhen."
"Die sächsische Staatsregierung ist dagegen völlig ambitionslos. Der Auftrag der sächsischen ÖPNV-Strategiekommission lautet lediglich, den Finanzbedarf für die Grundversorgung mit ÖPNV/SPNV*-Leistungen zu ermitteln."
"Gemeinsames Ziel der sächsischen ÖPNV-Kommission muss es werden, die Zahl der Fahrgäste von Bus und Bahn bis zum Jahr 2025 in Sachsen um mindestens 50 Prozent zu erhöhen“, fordert die Abgeordnete. "Aus dem von den Verkehrs-Beratungsunternehmen KCW und ETC erarbeiteten Zwischenbericht ließen sich diese konkreten Ziele durchaus begründen. Denn die Gutachter weisen nach, dass der Verkehrssektor in Sachsen bislang überhaupt keinen Beitrag zur Umsetzung der sächsischen Klimaschutzziele leistet."
"Für den ländlichen Raum lediglich eine Grundversorgung mit ÖPNV/SPNV sicherzustellen, ist völlig unzureichend. Hier hat der ÖPNV schon heute teilweise nur noch Nischen- und Alibifunktion und taugt wenig als Alternative zum eigenen Auto. Vielerorts ist der Schülerverkehr die letzte Stütze des öffentlichen Nahverkehrs. Der Finanzbedarf sollte nicht nur für ein Grundangebot, sondern für ein ausgebautes Angebot ermittelt werden."
"Unser Ziel, die Fahrgäste von Bus und Bahn um mindestens 50 Prozent zu erhöhen, wollen wir mit einem landesweiten integrierten Taktfahrplan (‚Sachsentakt‘) als Teil eines deutschlandweit notwendigen integralen Taktfahrplanes realisieren und mit den Nachbarländern verzahnen. Kern dieses Sachsentaktes sind mindestens im Stundentakt verkehrende Züge, Fahrplanverdichtungen auf nachfragestarken Strecken, verbesserte Direktverbindungen sowie garantierte Anschlüsse mit kurzen Aufenthaltszeiten an den Umsteigeknoten.
Dabei soll eine kundenfreundliche ÖPNV-Anbindung sowohl in den städtischen Verdichtungsgebieten als auch im ländlichen Raum Sachsens sichergestellt werden.
In einem ersten Schritt wollen wir die gekürzten Zugverbindungen in den Abend- und Nachtstunden wieder finanzieren. An den Wochenenden und vor Feiertagen streben wir einen landesweiten Nachtverkehr an.“
* SPNV = Schienenpersonennahverkehr

» Zwischenbericht sächsische ÖPNV-Strategiekommission (Dokument ab Seite 9)
» GRÜNE Studie für einen integralen Taktfahrplan SACHSENTAKT 21 [PDF]