Datum: 17. Juni 2016

Sachsen muss Streckenausdünnungs- und Abbestellungsszenarien ad acta legen − Gelegenheit zur Trendumkehr ist da

(2016-193) Zur Entscheidung der Ministerpräsidenten, die Regionalisierungsmittel für die ostdeutschen Bundesländer um insgesamt 200 Millionen Euro jährlich aufzustocken, erklärt Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der GRÜNEN Landtagsfraktion:
"Mit dieser Entscheidung wird die negative Entwicklung beim öffentlichen Verkehr in Sachsen abgemildert. Ziel muss es nun sein, eine solidarische und tragfähige Einigung zwischen den ostdeutschen Ländern über die Aufteilung dieser jährlichen 200 Mio. Euro zu finden."
"Dass Verkehrsminister Martin Dulig (SPD), den Zweckverbänden Planungssicherheit geben will, nehme ich gern zur Kenntnis. Allerdings reicht das zusätzliche Geld nicht aus, um den Finanzierungsbedarf beim sächsischen ÖPNV zu decken. Deshalb müssen die für die Bestellung von Schienenpersonalverkehrs-Leistungen bestimmten Regionalisierungsmittel des Bundes statt wie bisher zu knapp 80 Prozent ab 2017 zu mindestens 90 Prozent an die Zweckverbände weitergereicht werden. Der Schülerverkehr gehört aus Landesmitteln finanziert. Die übrigen zehn Prozent Regionalisierungsmittel müssen in die Infrastruktur bei Bus und Bahn investiert werden. Hierzu gilt es, in den Haushaltsverhandlungen die Weichen zu stellen."
"Ich erwarte, dass die Streckenausdünnungs- und Abbestellungsszenarien der letzten Monate ad acta gelegt werden."
"Zwischen Meißen und Pirna sollte der 15-Minuten-Takt das angestrebte Ziel sein. Alles andere wäre ein Schildbürgerstreich, da die Deutsche Bahn die Strecke gerade erst für eine Milliarde Euro viergleisig ausgebaut hat. Die vom Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) geplante Abbestellung der Bahnverbindung zwischen Thalheim und Aue muss zurückgenommen werden. Gleiches gilt für die Abbestellungen zwischen Falkenstein und Klingenthal und die grenzüberschreitenden Linien nach Falkenau/Sokolov und Eger/Cheb. Dafür sollte endlich die mit dem Bau des City Tunnel Leipzig versprochene umsteigefreie Direktverbindung zwischen Plauen und Leipzig kommen. Auch die öffentlich angedrohte Taktausdünnung Zittau-Görlitz, Abbestellung Zittau über Varnsdorf nach Seifhennersdorf und die Abbestellung der Regionalbahn ab Bischofswerda bzw. Wilthen nach Zittau hat sich hoffentlich erledigt."
"Außerdem fordern wir die Wiederinbetriebnahme der Strecke Rumburk-Ebersbach. Damit wollen wir neue Potentiale im grenzüberschreitenden Verkehr von der Oberlausitz über die Region um Šluknov bis zum Elbsandsteingebirge hin erschließen."
"Wir müssen die Gelegenheit nutzen und einen landesweiten Integrierten Taktfahrplan entwickeln, der mit den Nachbarländern verzahnt wird. Kern dieses Sachsentaktes sind mindestens im Stundentakt verkehrende Züge, Fahrplanverdichtungen auf nachfragestarken Strecken, verbesserte Direktverbindungen sowie garantierte Anschlüsse mit kurzen Aufenthaltszeiten an den Umsteigeknoten. Dabei soll eine kundenfreundliche ÖPNV-Anbindung sowohl in den Städten als auch auf dem Land sichergestellt werden. Es ist Aufgabe der Staatsregierung, schnellstens eine solche Konzeption als Grundlage für die Investitionen kommender Jahre zu beauftragen."
Hintergrund:
Der von der Verkehrsministerkonferenz in Kiel am 2. Oktober 2014 beschlossene Kieler Schlüssel regelt die Verteilung der vom Bund an die Länder vergebenen Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr. Der Schlüssel setzt sich zur Hälfte aus der Einwohnerzahl des Landes (mit Stand 2012) und den für 2015 angemeldeten Zugkilometern zusammen. Sachsen erhielt bis 2014 konstant einen Anteil von 7,16 Prozent von den Bundesmitteln. Aufgrund der Reduzierung beider Parameter wird dieser Anteil bis zum Jahr 2030 auf nur noch 5,3 Prozent sinken. Insgesamt erhöht der Bund jedoch die Förderung. Von 7,3 Milliarden Euro 2014 auf 8 Milliarden Euro in diesem Jahr mit einem jährlichen Zuschlag von 1,8 Prozent bis 2030.
Die 16 Bundesländer hatten allerdings 8,5 Milliarden Euro gefordert und eine jährliche Erhöhung von 2,5 Prozent. Bei diesem Geldsegen wäre auch Sachsen Gewinner in den Verteilungsverhandlungen gewesen. Die ostdeutschen Bundesländer hatten aber in Kiel versäumt, eine ‚Sperrklinke‘ einzubauen, die eine Schlechterstellung verhindert hätte.
Nun wurden in Nachverhandlungen den fünf ostdeutschen Ländern jährlich 200 Millionen Euro zusätzlich zugestanden.
Seit 2010 hat die CDU-geführte Staatsregierung nur noch zwischen 74 und 78 Prozent der für die Bestellung von Schienenpersonalverkehrs-Leistungen bestimmten Regionalisierungsmittel des Bundes direkt an die Zweckverbände weitergereicht und ist damit bundesdeutsches Schlusslicht. Mit dem Rest des Geldes wurden Aufgaben finanziert, die eigentlich reine Landesaufgaben sind, unter anderem jährlich 55 Millionen Euro für den Schülerverkehr.