Datum: 10. November 2017

‚Brücken in die Zukunft‘ – Umsetzungsfristen für kommunales Investitionspaket müssen an Realität angepasst werden

(2017-259) Die vorgegebenen Umsetzungsfristen bis zum 31. Dezember 2018 für die Vorhaben im Programm ‚Brücken in die Zukunft‘ können von Sachsens Kommunen nicht gehalten werden. Eine Anpassung der Umsetzungsfristen wäre dringend geboten; der Bund hat bereits im November 2016 die Fristen verlängert.
Der Freistaat sieht hingegen laut Antwort von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Schubert (GRÜNE) keinen Handlungsbedarf und will die Umsetzungsfristen nicht anpassen.

„Die Sächsische Staatsregierung hat bis heute kaum drei Prozent von dem, was dem Freistaat Sachsen aus dem Kommunalinvestitionsfonds zusteht, abgerufen“, erklärt Franziska Schubert, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag.
„Das liegt auch daran, dass eben die Umsetzungsfristen nicht eingehalten werden können. Das hat ganz praktische Gründe, wie sie auf der kommunalen Ebene zu finden sind. Von den aufwendigen Antrags- und Planungsverfahren abgesehen, stehen zahlreiche Kommunen vor dem Problem, dass die Baufirmen aufgrund voller Auftragsbücher nicht sofort loslegen können. Die jetzige Umsetzungsfrist geht also an der Realität des kommunalen Alltagsgeschäfts völlig vorbei.“

„Ich weiß, dass es keine Stärke der Staatsregierung ist, proaktiv und dienstleistungsorientiert zu agieren. Aber eine Fristverlängerung, die vom Bund bereits eingerichtet ist und auf Landesebene nur nachvollzogen werden muss, sollte möglich sein. Für die kommunale Ebene wäre es ein wichtiges und sinnvolles Zeichen. Die Finanzierung von bereits genehmigten Projekten wäre dann gesichert und die Kommunen könnten diese dann fristgerecht umsetzen. Der Hinweis des Umweltministers Thomas Schmidt (CDU), die Fristverlängerung sei Aufgabe des Landtages, greifen wir GRÜNE gern auf. Dann müsste die CDU-Fraktion, wenn sie verstanden hat, wie jetzt überall zu hören ist, auch hier neue Wege beschreiten und einen Antrag der GRÜNEN-Fraktion unterstützen. Soweit ich weiß, kommt dass alle zwei Jahre einmal im Zuge der Haushaltsverhandlungen vor. Das wäre für Sachsens Kommunen dann aber deutlich zu spät.“

Der Bund hat 2015 ein großes Investitionsprogramm mit einem Gesamtvolumen von 3,5 Milliarden Euro für finanzschwache Kommunen aufgelegt. Auf Sachsen entfallen 156,6 Millionen Euro.
In anderen Ländern wurden Arbeitsgemeinschaften gegründet. Ihre Aufgabe war es, auf Landesebene über die Einzelheiten bei der Umsetzung des Bundesprogrammes zu beraten. Da ging es um die Ausgestaltung der Förderverfahren, aber auch um die Förderbereiche.
In Sachsen hat die Regierungskoalition in Abstimmung mit der Staatsregierung das Bundesgeld in das Investitionsprogramm ‚Brücken in die Zukunft‘ gepackt. Mit den Stimmen von SPD und CDU wurde das hierfür notwendige Gesetz zum letztmöglichen Termin − im Dezember 2015 − verabschiedet. Ende Februar 2016 hat die Staatsregierung die Verwaltungsvorschrift VwW Investkraft veröffentlicht. Damit erst hat die Staatsregierung den Kommunen bekannt gegeben, wie sie Projekte in dem Programm ‚Brücken in die Zukunft‘ beantragen können. Die Kommunen mussten schnell reagieren. Trotz bereits aufgestellter kommunaler Haushalte sollten sie ihre Maßnahmepläne bis zum Juni 2016 beim Ministerium und bis November 2016 die Anträge für die Bundesmittel eingereicht haben.

Da die Länder die vom Bund bereitgestellten Mittel für Investitionen in finanzschwachen Kommunen nicht in dem vorgesehenen Umfang und Zeitraum abrufen, hat der Bund bereits im Sommer 2016 entschieden, dass die Fristen für die Umsetzung um zwei Jahre verlängert werden. Sachsen zum Beispiel hatte laut Antwort des Umweltministers bis Ende August 2017 gut 3,4 Millionen Euro und damit erst etwa ca. drei Prozent seines Anteils abgerufen. Damit der Freistaat die Gelder beim Bund abrufen kann, müssen die Baumaßnahmen bereits erfolgt sein, welche die Kommunen gegenüber dem Freistaat abrechnen können. Das geht nur, wenn die Bauaufträge erteilt und das Projekt tatsächlich umgesetzt ist.

Schubert dazu: „Wenn nun aber wie in Sachsen ein Großteil der Baumaßnahmen in den Kommunen noch nicht umgesetzt ist, kann auch nicht abgerufen werden – es ist also ein kleiner Teufelskreis. Der Bund hat das erkannt und die Voraussetzung geschaffen, dass die Länder die Umsetzungsfristen für ihre Kommunen anpassen können. Der Antwort von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) ist zu entnehmen, dass die Staatsregierung das nicht tun wird. Ich frage mich ernsthaft, was dem entgegensteht?“

Weitere Informationen:
» Antwort des Umweltministers Thomas Schmidt (CDU) auf die Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Franziska Schubert (GRÜNE) ‚Förderzeiträume und Umsetzungsfristen beim Sächsischen Investitionskraftstärkungsgesetz (SächsInvStärkG)‘ (Drs 6/10533)

Hintergrund:
Die aktuellen Medieninformationen der Staatsregierung zu Baumaßnahmen im Rahmen des Investitionsprogrammes ‚Brücken in die Zukunft‘ erfolgen immer dann, wenn ein Zuwendungsbescheid an die entsprechende Kommune erteilt wurde. Erst mit diesem Bescheid darf die Kommune ihre beantragte Maßnahme beginnen. Das beinhaltet u.a. Ausschreibungen, Auftragserteilung, Umsetzung, Abrechnung etc..
Damit der Freistaat die Gelder beim Bund abrufen kann, müssen Baumaßnahmen erfolgt sein, die die Kommunen gegenüber dem Freistaat abrechnen können. Das geht nur, wenn die Bauaufträge erteilt und das Projekt tatsächlich umgesetzt ist. Der Freistaat hat bis jetzt nur 3,4 Millionen Euro von seinem Anteil in Höhe von 156,6 Millionen Euro beim Bund abgerufen. Grund hierfür ist, dass kaum eine Kommune mit ihren Bauprojekten soweit ist, dass sie es gegenüber dem Freistaat abrechnen kann. Und damit kann der Freistaat die Kosten auch nicht gegenüber dem Bund abrechnen. Die Kommunen werden sich zur der Problematik nicht öffentlich melden, da sie laut Zuwendungsbescheid verpflichtet sind, ihre Bauprojekte fristgemäß umzusetzen. Unter anderem sorgen volle Auftragsbücher in der Baubranche dafür, dass Projekte nicht ad hoc umgesetzt werden können. Diese Problematik ist deutschlandweit bekannt und wurde vom Bund bereits durch Verlängerung der Umsetzungsfrist bis zum 31. Dezember 2020 berücksichtigt.
Der Sächsische Städte- und Gemeindetag hat sich nach eigner Auskunft gegenüber der Staatsregierung und den Koalitionsfraktionen dafür eingesetzt, dass diese Fristverlängerung über das Haushaltsbegleitgesetz 2017/2018 zeitnah erfolgt. Die Staatsregierung lehnt dies zurzeit allerdings ab.
(Geschäftsbericht des Sächsischen Städte- und Gemeindetags 2015/2016, vgl. S. 72)