Datum: 15. September 2017

CDU-SPD-Koalition gegen Einsatzbeschränkungen für Glyphosat

(2017-213) Die Fraktionen von LINKEN und GRÜNEN haben in einem gemeinsamen Antrag (Drs 6/2666) die Staatsregierung aufgefordert, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Anwendung von Glyphosat (und Clomazone) in Sachsen zu verringern. Die Auswirkungen des Einsatzes von Unkrautvernichtungsmitteln sollen besser überwacht werden. Zahlreiche Sachverständige hatten ebenfalls Handlungsbedarf gesehen und Vorschläge wie eine Pestizidabgabe unterstützt. Dennoch stimmte die Landtagsmehrheit aus CDU und SPD in der heutigen Sitzung des Umweltausschusses gegen den Antrag.

Dr. Jana Pinka, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE: „Die Koalition will nicht, dass beim Glyphosat-Einsatz genauer hingeschaut wird. Sie nimmt in Kauf, dass das Vernichtungsmittel nach wie vor zu häufig und unkontrolliert gespritzt wird. Damit setzt sie die Gesundheit von Anwohnern und Konsumenten auf Spiel.“ Auf der Landesebene kann der Einsatz von Glyphosat nicht verboten, jedoch genauer kontrolliert werden, woher die verbreitete Glyphosatbelastung der Bevölkerung kommt. Pinka: „Wir wollen, dass der Freistaat alles in seiner Macht Stehende tut, um befürchtete Gefahren aufzuklären. Das hat nichts mit Panikmache zu tun, sondern mit der Verpflichtung des Staates, die Bevölkerung zu schützen. Heute hat sich gezeigt, dass die Regierungskoalition völlig unkritisch ist und den Untergang der heimischen Landwirtschaft an die Wand malt, sollte der Glyphosat-Einsatz eingeschränkt werden.“

„Wir haben in diesem Antrag bereits 2015 gefordert, den Einsatz des Pflanzengiftes Glyphosat einzuschränken und die Folgen genauer zu überwachen. Seitdem hat die Koalition weder in Sachsen noch in Berlin Handlungsbereitschaft gezeigt. Das hat die gesellschaftliche Diskussion zu weitergehenden Forderungen nach einem Ende des Glyphosat-Einsatzes weiter befeuert. Es ist höchste Zeit für den Freistaat, hier Handlungswillen im Interesse sowohl des Umwelt- und Verbraucherschutzes als auch der Landwirtschaft zu zeigen. Mit der Ablehnung unseres Antrages wird dagegen das Signal gesetzt, unbeirrt weiter wie bisher agieren zu wollen“, kritisiert Dr. Gerd Lippold, stellvertretendes Mitglied der GRÜNEN-Fraktion im Umweltausschuss.

Auch in sächsischen Gewässern kann Glyphosat und dessen Abbauprodukt AMPA inzwischen nachgewiesen werden. Der GRÜNE Landtagsabgeordnete Wolfram Günther ließ die Belastung von 17 ausgewählten Gewässern in Sachsen durch das Umweltinstitut Leipzig e.V. nach zwölf in der konventionellen Landwirtschaft häufig eingesetzten Pestiziden bzw. deren Abbauprodukten untersuchen. In zwölf der 17 Gewässer und damit besonders häufig wurde Glyphosat sowie dessen Abbauprodukt AMPA nachgewiesen.

LINKE und GRÜNE im Landtag lassen nicht locker: In einer Kleinen Anfrage will die Landtagsabgeordnete der LINKEN, Kathrin Kagelmann, unter anderem wissen, wie viele Verstöße gegen welche Anwendungsbestimmungen glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel seit 2014 bis heute festgestellt wurden, welche Konsequenzen dies jeweils für den Anwender hatte und inwiefern Plausibilitätsprüfungen mittlerweile durchgeführt werden.

Weitere Informationen:
» Antrag der Fraktionen LINKE und GRÜNE ‚Einsatz von Pflanzenschutzmitteln insbesondere mit den Wirkstoffen Clomazone und Glyphosat stärker reglementieren und Auswirkungen weiter erforschen‘ (Drs 6/2666)

» Protokoll der öffentlichen Anhörung im Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss des Sächsischen Landtags vom 22.1.2016 zum Antrag (Drs 6/2666)

» Antrag der Fraktion GRÜNE ‚Umgang und Maßnahmen des Freistaates Sachsen in Zusammenhang mit den Auswirkungen des Vollherbizids Glyphosat‘ (Drs 6/5244) mit Stellungname der Staatsregierung

» Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kathrin Kagelmann (Fraktion LINKE) ‚Verstöße bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (Glyphosat)‘ (Drs. 6/10492)

» Neue Anwendungsbestimmungen für Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat“ des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Hintergrund:
Die Zulassung von Glyphosat steht insgesamt auf der Kippe: Ob das umstrittene Totalherbizid auch künftig auf europäischen Äckern gespritzt werden darf oder nicht, will die EU-Kommission nicht noch einmal alleine entscheiden: Ein Sondergremium beriet am 23. und 24.08.2017 in Brüssel über eine Verlängerung der Zulassung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat um zehn Jahre. Eine Abstimmung ist für September 2017 vorgesehen.
In der EU wird seit Jahren über Glyphosat gestritten. Nach einem monatelangen Wegwarten hatte die Kommission Ende Juni 2016 die Zulassung vorerst um anderthalb Jahre verlängert, weil sich die Mitgliedsstaaten nicht einigen konnten. Diese Frist läuft Ende 2017 aus. Während Frankreich bereits angekündigt hat, sich gegen die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat zu stellen, drängt Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) die EU-Kommission zur Verlängerung der Genehmigung.
Das Herbizid ist hoch umstritten: Während das Internationale Krebsforschungszentrum die Chemikalie als >>wahrscheinlich<< krebserregend einstuft, hält die EU-Chemieagentur ECHA ein solches Risiko für >>unwahrscheinlich<<.