Datum: 18. Mai 2018

Videoüberwachung von Chemnitzer Stadtzentrum: Einmaliges Vorhaben, das schwer in Grundrechte eingreift

38 Kameras sollen künftig das Chemnitzer Stadtzentrum mit seinen Straßen, Plätzen und Parks überwachen, wenn es nach dem Willen von Stadtverwaltung und Polizei geht (Freie Presse Chemnitz, 14.5.). Dazu erklärt Valentin Lippmann, Sprecher für Datenschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Eine so umfassende Überwachung eines belebten innerstädtischen Bereichs durch Polizei und Kommune wäre ein in Sachsen bislang einmaliges Vorhaben. Es greift schwer in die Grundrechte der Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger ein. Jeder der sich im überwachten Bereich aufhält, wird gefilmt. Die Aufnahmen werden zehn Tage gespeichert, bei Bedarf länger. Es gibt einen Vorgeschmack auf das, was uns mit dem geplanten neuen Polizeirecht bevorsteht. Danach sollen Polizeibehörden quasi jederzeit öffentliche Räume überwachen können.“

„Wir Grünen lehnen eine solche flächendeckende Videoüberwachung ab. Videoüberwachung verhindert keine Straftaten, sondern verdrängt sie allenfalls. Sie gaukelt den Menschen eine Sicherheit vor, die es nicht gibt. Wenn nämlich keine Polizei vor Ort ist, die eingreift, wenn etwas passiert, dann nützt dem Opfer keine Videoüberwachung. Wir fordern daher eine wesentlich höhere Polizeipräsenz gerade in den Bereichen, wo eine stärkere Kriminalitätsbelastung auftritt.“

„Ich habe darüber hinaus erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der geplanten Überwachung. Bereits vor einem Jahr hatte ich beim Innenministerium Auskunft über die Pläne eingefordert. Dass sich die Polizei an diesem Projekt beteiligt und Live-Zugriff auf alle Kameras haben soll, wurde mir damals nicht mitgeteilt. Das Polizeigesetz stellt an eine Videoüberwachung hohe Anforderungen. Der überwachte Bereich muss ein Kriminalitätsschwerpunkt sein. Ich fordere Innenminister Prof. Roland Wöller auf, die gesetzlichen Anforderungen zu überprüfen und konkret darzulegen, warum sich die Polizei an einem solchen Projekt beteiligen darf. Ich habe eine entsprechende Anfrage dazu eingereicht.“

Weitere Informationen:

» Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann (GRÜNE) an die Staatsregierung: „Geplante Videoüberwachung in Chemnitz, zugleich Nachfrage zu Drs 6/9136“ (Drs. 6/13439)
» Antwort von Innenminister Roland Wöller auf die Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann (GRÜNE): „Videoüberwachung der Zentralhaltestelle in Chemnitz“ (Drs. 6/9136)

Hintergrund:

Der Sächsische Datenschutzbeauftragte (DSB) hat einen Maßstab für eine Videoüberwachung durch Kommunen entwickelt. Zudem müssen die Voraussetzungen für eine polizeiliche Videoüberwachung gegeben sein.
Der Chemnitzer Stadtrat soll kommende Woche über die Außerplanmäßige Mittelbereitstellung für die Videoüberwachung entscheiden. Hier die entsprechende » Vorlage mit einigen Details zu geplanten Überwachung.