Datum: 14. August 2019

GRÜNE: Sachsen braucht deutlich mehr Windenergie – Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien muss bis 2025 gegenüber heute verdoppelt werden

(2019-184) „Die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien muss in Sachsen bereits bis zum Jahr 2025 gegenüber heute etwa verdoppelt werden“, erklärt Dr. Gerd Lippold, energie- und klimapolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. „Das heißt konkret: Sachsen braucht auch deutlich mehr Windenergie. Nur so kann der Freistaat Energieland und Standort der Energiewirtschaft bleiben.“

„Wenn die jahrelange Blockade der Energiewende im Freistaat nicht beendet wird, bedeutet der beschlossene, schrittweise Kohleausstieg sonst auch einen Abschied vom Energieland Sachsen. Aus einem Energieexporteur würde ein Bundesland, das den Bedarf von Bevölkerung und Industrie an kostengünstiger Energie nicht mehr selbst decken könnte. Der Kohleausstieg ist übrigens auch politisch nicht abwählbar. Erfolgt er nicht zeitnah und im Konsens in gesteuerter Weise, dann vollzieht er sich bereits deutlich vor 2038 ungesteuert, weil die Kohleverstromung bereits heute ihre Wirtschaftlichkeit verliert.“

„Um bis zum Jahr 2030 wenigstens das heutige Ziel der Bundesregierung von 65 Prozent Anteil am Bruttostromverbrauch ins Visier nehmen zu können, muss die Erzeugung aus erneuerbaren Energien, die heute etwa 6 Mrd. Kilowattstunden pro Jahr beträgt, jährlich um etwa 1 Mrd. Kilowattstunden auf 17 Mrd. Kilowattstunden im Jahr 2030 erhöht werden. Sollte die politische Blockade in den nächsten Jahren fortbestehen, müssten die Zubauziele in den Folgejahren entsprechend höher ausfallen.“

„Bereits das Zwischenziel der Verdopplung von heute 6 auf 12 Mrd. Kilowattstunden bis zum Jahr 2025 muss zur festen Zielmarke werden“, fordert der Abgeordnete. „Ansonsten gerieten Ziele bis 2030 und darüber hinaus gänzlich außer Reichweite.“
„Das Ziel eines jährlichen Zuwachses der Energieerzeugung von 1 Mrd. Kilowattstunden entspräche einem jährlichen Nettozubau von etwa 40 bis 65 Anlagen der heute modernsten Bauart, wenn die Windenergie die Hälfte des nötigen Erzeugungszuwachses zu tragen hätte und die andere Hälfte vor allem durch Photovoltaik-Zubau erbracht würde. Entsprechend mehr Anlagen wären notwendig, wenn der Zubau bei der Photovoltaik nicht voran kommt.“, erläutert Lippold. „Auf neue Kapazitäten im Bereich Biomasse und Wasserkraft ist dagegen kaum zu setzen. Diese sind weitgehend ausgereizt.“

„Die Bundesländer Thüringen, Rheinland-Pfalz und Hessen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass solche Ausbauzielstellungen real umsetzbar sind.“

„Doch nicht nur eine bundesweite 65%-Ausbauforderung setzt in Sachsen wegen der bisherigen Blockade besonders ambitionierte Ziele. Auch aus der Zielstellung heraus, dass Sachsen im Zuge des beschlossenen Kohleausstiegs Energiestandort bleiben soll und dazu die bis Ende der 2020iger Jahre wegfallende Kohlestromerzeugung zu ersetzen ist, ergeben sich bereits ganz ähnliche Ausbaufahrpläne. Allein die zwei ältesten Blöcke des Kraftwerks Boxberg, von deren Laufzeitende bis 2025 die Bundesnetzagentur bereits im Jahr 2014 ausging und die auch in aktuellen Planungen vor 2030 in Rente gehen, erzeugten im Jahr 2018 noch etwa 7,3 Mrd. Kilowattstunden elektrische Energie. Um diese rechtzeitig zu ersetzen, muss sich Sachsen auf einen ganz ähnlichen Ausbaupfad für Wind- und Solarenergie begeben, wie ihn ein  65%-Ziel vorgibt.

„Die derzeit diskutierten oder bereits beschlossenen Regionalpläne im Freistaat sind in Bezug auf den Flächenausweis für erneuerbare Energie bereits Makulatur“, kritisiert der Abgeordnete. „Sie beruhen noch auf Zielen aus dem Jahr 2012. Sie müssen umgehend an die Realitäten des Jahres 2019, nach der Klimakonferenz von Paris (Dezember 2015) und nach dem Kohleausstiegsbeschluss (Januar 2019), angepasst werden. „Die Erfahrungen der zurückliegenden Planungsphase zeigt: Der Planungsprozess darf zur Fortschreibung nicht wieder ‚auf Kante genäht‘ sein.“

„Der neue Sächsische Landtag und die neue Staatsregierung müssen ab Herbst 2019 durch schnellstmögliche Fortschreibung in der Landesplanung die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Energieversorgung im keineswegs unwahrscheinlichen Fall eines sehr viel rascheren Kohleausstiegs viel schneller und entschlossener umgebaut werden kann“, fordert Lippold: „Die Möglichkeit für 100 Prozent bilanzielle Deckung im Strombereich bis zum Jahr 2030 muss durch verantwortungsvoll handelnde Politik in der Flächenausweisung bereits planerisch angelegt werden. Mit Anlagen der heute modernsten Generation könnte allein die Windenergie mit etwa 1.200 Windenergieanlagen auf etwa 0,7 bis 1,3 Prozent der Landesfläche schon mehr als die Hälfte zum 100 Prozent Ziel beitragen. Sachsen braucht auch im Zuge des Kohleausstiegs und danach eine sichere und möglichst weitgehend auf regionaler Wertschöpfung beruhende Energieversorgung.“

„1.200 Windenergieanlagen im Freistaat würden keinesfalls eine ‚Verspargelung der Landschaft‘ bedeuten. Denn schon heute drehen sich in Sachsen etwa 920, zumeist ältere und leistungsschwache Anlagen. Um die mangelnde Akzeptanz der Windenergie in der eigenen Nachbarschaft zu erhöhen, ist ein Paket von Maßnahmen und Instrumenten notwendig. Thüringen hat gezeigt, dass durch Transparenz und Beteiligung die Energiewende besser mitgestaltet werden kann und die Erträge aus Windkraftanlagen unmittelbar jenen zugutekommen können, die vor Ort mit den Anlagen konfrontiert sind. Auch wir GRÜNE in Sachsen schlagen die Einrichtung einer Servicestelle Windenergie nach Thüringer Vorbild vor“, bekräftigt Lippold.

Weitere Informationen:

» Antrag der GRÜNEN-Fraktion ‚Windenergie: Konflikte lösen, Bürger und Kommunen beteiligen, Ausbau voranbringen‘ (Drs 6/12470)

» Antwort der Staatsregierung auf die Große Anfrage der GRÜNEN-Fraktion ‚Windenergie in Sachsen‘ (Drs 6/15516)