Datum: 15. Februar 2019

LEAG-Entscheidung zu Mühlrose – Es muss Entschädigungen für die Tagebaugeschädigten geben und Sicherheit für jene, die der über 500jährigen Heimat ihrer Vorfahren treu bleiben wollen

Lippold: Der Abbau der Braunkohle im Teilfeld Mühlrose ist nicht mehr notwendig und darf nicht mehr erfolgen – Der Ministerpräsident sollte die Interessen aller Bewohnerinnen und Bewohner vertreten

(2019-49) Zur Entscheidung der LEAG, das Dorf Mühlrose umzusiedeln, erklärt Dr. Gerd Lippold, energie- und klimapolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Es muss sowohl Entschädigungen für die Tagebaugeschädigten geben als auch eine Zukunft für Mühlrose! Insofern ist es zu begrüßen, wenn die LEAG nun endlich den tagtäglich von den Auswirkungen des nahen Tagebaus betroffenen, umzugswilligen Einwohnerinnen und Einwohnern von Mühlrose durch die überfällige Unterzeichnung eines Umsiedlungsvertrages Entschädigung und Umsiedlung ermöglicht. Damit wird für diese Menschen, die sich seit langem zum Gehen entschlossen haben und seit Jahren auf gepackten Koffern sitzen, eine nervenaufreibende Hängepartie beendet.“

„Es wollen aber nicht alle Einwohnerinnen und Einwohner umsiedeln. Darum geht es auch darum, in Mühlrose Sicherheit für jene zu schaffen, die der über 500jährigen Heimat ihrer Vorfahren treu bleiben oder sich in den nächsten Jahrzehnten dort ansiedeln wollen. Denn der Abbau der Braunkohle im Teilfeld Mühlrose ist nicht mehr notwendig und darf nicht mehr erfolgen.“
„Die Zufriedenheit des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer teile ich also nur zum Teil. Überhaupt nicht teilen kann ich seine offensichtliche Genugtuung über die Aussage, damit stünde nun die Abbaggerung des Ortes Mühlrose fest.“

„Ich fordere den Ministerpräsidenten auf, die Interessen aller Bewohnerinnen und Bewohner wirklich vollständig und konsequent zu vertreten. Seine Genugtuung des angesichts einer angeblichen Entscheidung über das Aus für Mühlrose wirkt wie ein Nachtreten gegen die Bundesregierung und den ungeliebten Kohleausstiegsteil der Vorschläge der Kohlekommission.“

„Das Teilfeld Mühlrose ist Bestandteil eines Revierkonzepts der LEAG, das die Kohleverstromung noch bis mindestens Ende des Jahres 2042 vorsieht. Dort will die LEAG zusätzlich zum Abbaugebiet 1 des Tagebaus Nochten noch weitere 518 Hektar (über 700 Fußballfelder) Landschaft überbaggern und dabei 145 Mio. Tonnen Braunkohle fördern. Der Kompromiss der Kohlekommission sieht jedoch vor, dass die Braunkohleverstromung in Deutschland bis spätestens Ende 2038 vollständig beendet sein wird. Das eigene Revierkonzept der LEAG ist damit genauso Makulatur wie die Vorsorgevereinbarung des sächsischen Oberbergamtes, die sich voll am Abbauhorizont 2042 orientiert.“

„Deshalb wirkt die gestrige Aussage des LEAG-Chefs Helmar Rendez, die Kohlereserven im Teilfeld Mühlrose würden auch bei einem Kohleausstieg Ende 2038 für das Kraftwerk Boxberg benötigt, eher wie ein trotziges ‚Jetzt erst recht!‘. Denn der Abbau der Kraftwerkskapazität und damit die Reduzierung des Brennstoffeinsatzes an den Standorten wird überhaupt erst in den nächsten Monaten zwischen Bundesregierung und Betreibern verhandelt. Er soll als stetiger Prozess erfolgen. Bekannt ist bereits, dass die beiden ältesten Blöcke P und N des Kraftwerks Boxberg noch vor 2030 vom Netz gehen werden. Bereits ein rascheres Aus für die ältesten Blöcke P und N in Boxberg würde den Kohlebedarf aus dem Tagebau Nochten auch schneller reduzieren und die Reichweite des Abbaufeldes 1 für die verbliebenen Blöcke erhöhen.“

„Auf derartige Lösungen muss sich nun die Diskussion zwischen Bundesregierung und Betreibern fokussieren. Denn wenn es durch sinnvolle Abschaltreihenfolge und Anpassung des Revierkonzeptes möglich ist, auf das Abbaufeld Mühlrose zu verzichten, dann wird sich dessen Abbaggerung gegen die Interessen von bleibewilligen Bewohnerinnen und Bewohnern sowie des Natur- und Umweltschutzes nicht mehr vor Gericht durchsetzen lassen.“

„Ich fordere den zuständigen Wirtschaftsminister Martin Dulig auf: unterstützen Sie nicht den durchsichtigen Versuch, hier noch ‚fünf nach zwölf‘ Genehmigungen zu erlangen, deren späterer Rückzug mit einem Griff in öffentliche Kassen zugunsten der Finanzinvestoren hinter der LEAG verbunden wäre. Dass die LEAG Tagebaugeschädigte entschädigt, ist überfällig. Dass sie daraus aber auch nach einem Kohlekompromiss noch für sich möglicherweise entschädigungspflichtige Rechte ableiten will, überflüssige Tagebauerweiterungen und Abbaggerung von Dörfern durchzusetzen, ist inakzeptabel.“