Workshop: Man kann nicht am Leben vorbei unterrichten – Schulen in der Zerreißprobe
Im sächsischen Schulsystem laufen derzeit zwei Entwicklungen gegeneinander. Zum einen sollen alle Kinder unabhängig von ihren Begabungen, Fähigkeiten oder Behinderungen unterrichtet werden. Zum anderen wächst die Zahl jener Schüler, deren Verhalten einen gemeinsamen Unterricht erschwert. In vier Workshops haben eine Expertenrunde aus LehrerInnen, Eltern und SchulsozialarbeiterInnen auf Initiative der GRÜNEN-Landtagsfraktion eine Situationsbeschreibung schulischer Problemlagen vorgenommen und Handlungsbedarfe für Verantwortliche formuliert.
Über 60 Lehrer, Schulsozialarbeiter und Eltern nahmen an der Workshopveranstaltung zu sozialer Arbeit in der Schule am 28. Juni in der Diakonie Leipzig statt, die gemeinsam vom Arbeitskreis Schulsozialarbeit, Diakonie Leipzig und der GRÜNEN-Fraktion im Sächsischen Landtag veranstaltet wurde.
Ausgangspunkt der Veranstaltung war ein Positionspapier des Arbeitskreises Schulsozialarbeit zur Situation an den Leipziger Schulen. Um den Diskussionsprozess auf eine breitere Basis zu stellen, entstand die Idee zu dieser Veranstaltung. Gemeinsam mit den betroffenen Akteuren und politischen Verantwortlichen diskutierte die Veranstaltung verschiedene Handlungsfelder von Inklusion bis Elternarbeit.
Pfarrer Christian Kreusel, Missionsdirektor des Diakonischen Werks Leipzig, wies in seiner Begrüßung auf die zahlreichen Problembereiche im sächsischen Bildungswesen und die Zielstellung einer inklusiven Gesellschaft hin. Gabriele Heide vom Arbeitskreis Schulsozialarbeit betonte, dass es insbesondere den Sozialarbeitern als unabhängige Akteure in den Schulen darum gehe, sich nicht auf Schulsozialarbeit zu beschränken, sondern unbequeme Fragen zu den gegenwärtigen Problemen an den Schulen aufzuwerfen. Die bildungspolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion im Landtag, Annekathrin Giegengack zufolge laufen derzeit zwei Entwicklungen gegeneinander. Zum einen sollen alle Kinder unabhängig von ihren Begabungen, Fähigkeiten oder Behinderungen unterrichtet werden. Zum anderen wächst die Zahl jener Schüler, deren Verhalten einen gemeinsamen Unterricht erschwert. Belastende Situationen im Schulalltag nehmen zu. Dafür müssten jetzt Lösungen mit den betroffenen Lehrern und Eltern, aber auch weiteren Professionen wie Schulsozialarbeitern gefunden werden.
In vier Workshops erarbeiteten anschließend Expertenrunden aus Lehrern, Eltern und Schulsozialarbeitern eine Situationsbeschreibung schulischer Problemlagen und formulierten Handlungsbedarfe für Verantwortliche.
Im Workshop 1 “Kinder mit psychischen Auffälligkeiten – Gratwanderung für Schulen‘ wurden unter der Leitung von Schulsozialarbeiterin Annett Wehrmann und Annekathrin Giegengack die Ursachen und zentralen Problembereiche des Themas herausgearbeitet. Unstrittig ist die deutliche Zunahme von Kindern mit psychischen Problemen. Über die Bekämpfung gesellschaftlicher Ursachen hinaus, sollte es dem Workshop zufolge künftig vor allem um eine Verbesserung der Kooperation von Schule und Sozialträgern gehen. Schulen brauchen mehr Freiräume um auf individuelle Probleme reagieren zu können.
Der Frage ‚Inklusion – Schule nimmt alle mit?!‘ stellte sich der zweite Workshop unter Moderation von Andreas Keim (Schulsozialarbeiter RAA, 20. Mittelschule Leipzig) und Dr. Tobias Peter (Parlamentarischer Berater GRÜNE-Fraktion) wurden die derzeitigen Integrationsprobleme von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf diskutiert. Den Teilnehmern zufolge zeigen sich viele Schulen angesichts der unterschiedlichen Ausgangslagen der Kinder überfordert, weil Kompetenzen und Ausstattung fehlen. Neben längerem gemeinsamen Lernen liegen Lösungsansätze in der Aus- und Weiterbildung sowie in der Schaffung verlässlicher personeller und baulicher Rahmenbedingungen, um Inklusion zu verwirklichen.
Mit den ‚Kooperationsmöglichkeiten bei komplexem Hilfebedarf‘ beschäftigte sich der Workshop 3, der von Diana Hein und Andreas Ratien (Uni Leipzig) sowie Stefanie Gruner (KV-Sprecherin GRÜNE Leipzig) moderiert wurde. Debattiert wurden Hindernisse für die Kooperation von Partnern wie Schule, Psychologen und Jugendamt. Dabei wurde klar, dass Kooperationen Zeit und Respekt benötigen. Der Workshop arbeitete Forderungen nach verlässlichen Stundenkontingenten für Kooperation und gemeinsamen Fortbildungen aus. Schon bestehende Kooperationsvereinbarungen können so mit Leben erfüllt werden.
Um ‚Erschöpfte Familien – Möglichkeiten und Grenzen schulischer Elternarbeit‘ ging es in Workshop 4 unter Moderation von Schulsozialarbeiterin Simone Baum und Dr. Claudia Maicher (Sprecherin des GRÜNEN-Landesverbandes Sachsen). Die Probleme und Chancen der Zusammenarbeit von Lehrern und Eltern wurden dabei kontrovers diskutiert. Als besonders herausfordernd stellte sich dabei die Arbeit mit problematischen Elternhäusern heraus. Eine verstärkte Schulsozialarbeit kann dabei ebenso helfen wie kleinere Klassen. Wesentliche Voraussetzung ist es dabei, die Bereitschaft der Eltern durch einen möglichst frühen Einstieg in die Elternarbeit bereits in der Kita zu wecken.
In der anschließenden Vorstellung der Workshopergebnisse konnte ein erster Einblick die Arbeit der Teilnehmer gewonnen werden. Für ein endgültiges Fazit ist es jedoch zu früh. Die Ergebnisse werden dokumentiert und gemeinsam von den Veranstaltern ausgewertet. In ihrem Schlusswort versprach Annekathrin Giegengack, dass die Ergebnisse der Workshops intensiv diskutiert und in die politische Arbeit des Landtages eingebracht werden.
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