Datum: 04. Dezember 2025

Kulturhauptstadt – Meier: Demokratie wächst dort, wo Menschen erleben, dass ihre Stimme zählt

Redebeitrag der Abgeordneten Katja Meier (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion BÜNDNISGRÜNE: „Nachhaltige Wirkung der Kulturhauptstadt Europas 2025 für Chemnitz, die Kulturregion und Sachsen sicherstellen“ Drs 8/4698

23. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 04.12.2025, TOP 6

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,

als Chemnitz 2020 den Zuschlag zur Kulturhauptstadt Europas bekam, war das kein Zufall – es war ein europäisches Versprechen. Denn Chemnitz hat in seiner Bewerbung nicht beschönigt, sondern offen in den Mittelpunkt gestellt, wie die Stadt 2018 plötzlich auf den Titelseiten der New York Times und des Guardian stand – als Sinnbild gesellschaftlicher Spaltung.

Das Bidbook sagt klar: Die Kulturhauptstadt soll Antworten geben auf das, „was die stille Mitte verloren hat – Selbstwirksamkeit, Vertrauen, Verbundenheit.“

Und genau daran hat Chemnitz 2025 gearbeitet. Wir haben die Erfahrungen dieses Jahres gemeinsam mit Macherinnen, Machern, Vereinen und Initiativen sehr intensiv ausgewertet.

Dabei wurde besonders deutlich, wie zivilgesellschaftliche Akteur:innen, die sich seit Langem für ein demokratisches Miteinander in Chemnitz und den umliegenden Landkreisen einsetzen, die Chance genutzt haben, Kultur- und Demokratiearbeit enger miteinander zu verknüpfen.

Aus dieser Verbindung sind

  • neue Zugänge für bisher schwer erreichbare Zielgruppen entstanden,
  • ebenso Räume, in denen Menschen sich erstmals eingeladen fühlten, mitzuwirken, und Verbindungen, die es vorher nicht gab.

Das ist nicht nur Kultur. Das ist Demokratiearbeit im besten Sinne – niedrigschwellig, kreativ, stärkend. Es ist das, was Chemnitz der Jury versprochen hat und es größtenteils eingelöst hat.

Deshalb ist die entscheidende Frage jetzt: Was passiert nach 2025?

Denn wir wissen alle: Demokratie wächst dort, wo Menschen erleben, dass ihre Stimme zählt. Und sie schrumpft dort, wo solche Räume wieder geschlossen werden. Der Legacy-Prozess muss genau das verhindern.

Nicht nur: Was bleibt? Sondern: Wie bleibt es? Und vor allem: Wer bleibt beteiligt?

In der Stellungnahme der Staatsregierung begrüße ich ausdrücklich die Ankündigung, im Haushalt 2027/28 Mittel für den Legacy-Prozess einzustellen.

Das ist wichtig und ein gutes Signal. Aber es fehlt ein entscheidender Punkt: Es gibt bisher keine Aussage dazu, wie Beteiligung im Legacy-Prozess gesichert und gestaltet werden soll.

Dabei wissen wir:

  • Beteiligung braucht Räume.
  • Beteiligung braucht Strukturen.
  • Beteiligung braucht Kompetenzen.

Und ja – Beteiligung braucht dafür auch verlässliche finanzielle Mittel. Ohne Beteiligung würden die neuen Formen demokratischer Teilhabe wieder verloren gehen. Und ohne Ressourcen kann Beteiligung nicht professionell, offen und verlässlich organisiert werden. Beides gehört zusammen und beides erwarten die Menschen, die 2025 getragen haben.

Darum ist unser Antrag klar: Wir brauchen einen Legacy-Prozess, 

  • der transparent ist,
  • der zivilgesellschaftliche Akteur:innen einbezieht,
  • der die Erfahrungen der letzten Jahre nicht ignoriert,
  • sondern zur Grundlage der nächsten Jahre macht.

Denn das Erbe der Kulturhauptstadt ist nicht nur sichtbar in Projekten und Orten. Es ist sichtbar in Menschen, die Mut gefasst haben, sich einzubringen.

Und es liegt jetzt in unserer gemeinsamen Verantwortung, dass dieser Mut nicht ins Leere läuft.

Vielen Dank.