Datum: 19. Dezember 2022

Doppelhaushalt 2023/24 Gleichstellung, Justizvollzug, Demokratie, Europa – Hammecke: Rechtsstaatlichkeit und Demokratie immer zusammen zu denken

Redebeitrag der Abgeordneten Lucie Hammecke (BÜNDNISGRÜNE) zur zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung „Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2023 und 2024 (Haushaltsgesetz 2023/2024 – HG 2023/24)“ Drs 7/10575 – mit Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drs 7/11501

64. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Montag, 19.12.2022, TOP 1.6 Einzelplan 06 Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete,

mein Kollege Valentin Lippmann hat die große Herausforderung, vor der die Justiz steht, bereits benannt: Nachwuchsgewinnung. Dies gilt auch für den Vollzug. Mit dem vorliegenden Doppelhaushalt führen wir deshalb nun den Anwärtersonderzuschlag ein. Wir machen die Ausbildung im Vollzug finanziell attraktiver – gerade auch für jene Menschen, die bereits Berufserfahrungen aus anderen Bereichen mitbringen.

Die Aufgaben im Justizvollzug sind vielfältig, es geht hier nicht ums Wegsperren. Es geht darum, dass Menschen es nach der Haft schaffen, wieder ein Leben in sozialer Verantwortung zu führen. Kurz: Resozialisierung. Und diese braucht gute Bedingungen für Personal und Gefangene.

Doch die erste Prämisse – davon bin ich überzeugt – sollte die Haftvermeidung sein. Deshalb stärken wir restorative justice Ansätze. Ansätze, die die Wiedergutmachung in den Mittelpunkt stellen, wie den Täter-Opfer-Ausgleich – mit einer Projektstelle, finanziellen Mitteln und einer Fachtagung.

Seit nun fast genau drei Jahren sind dem Justizressort noch die Themen Demokratie, Europa und Gleichstellung zugeordnet. Und ich sage es hier mit aller Deutlichkeit: Das sind KEINE kleinen Randthemen, die man mal ebenso mitschleift. Dahinter stehen sehr grundsätzliche Überlegungen, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie immer zusammen zu denken:

  • dass sich über die gesellschaftlichen Fragen und Herausforderungen unserer Zeit nicht im Alleingang verständigt werden kann – sondern im europäischen Rahmen verständigt werden muss.
  • dass Vielfalt eine Gesellschaft bereichert und der Schutz Ihrer unsere Verpflichtung ist.
  • dass wir, um unsere Demokratie zu stärken, in der Beteiligung neue Wege gehen müssen.

Und wenn die AfD meint, sie könne einfach mal das Ministerium „auf seine Kernaufgaben gesundschrumpfen“ und komplette Referate und Titelgruppen im Bereich Gleichstellung, Demokratie und Europa streichen, dann lässt das tief blicken und zeigt, welche gefährliche Politik sie verfolgen.
Die Gefahr für unsere Demokratie wird jeden Tag deutlicher. Dagegen heißt es einerseits aktiv vorzugehen, andererseits diejenigen zu stärken, die sich jeden Tag für ihr Gemeinwesen, für unsere Demokratie einsetzen, für ihren Ort, für ihre Kommune, ihr Zuhause. Wir stärken die Mittel für die Bürger*innen-Beteiligung und finanzieren weiterhin die Orte der Demokratie in Sachsen, in denen – und zwar unter demokratischen Spielregeln – gestritten werden kann, diskutiert werden kann, ein Konsens gefunden werden kann. Oder eben auch festgestellt werden kann, dass man sich nicht einig wird – aber im Gespräch bleibt.

Im Gespräch bleiben ist auch ein zentrales Motiv der sächsischen Europapolitik – sei es in grenzübergreifenden Bürger*innendialogen, mit der Unterstützung europäischer Mobilität für junge Sächs*innen oder auch mit der Leipziger Rechtsstaatskonferenz, in der im Gespräch mit Polen und Tschechien über grundsätzliche Fragen der Wertegemeinschaft Europäischen Union diskutiert werden kann. Sei es die Vielfalt und Akzeptanz von Lebensweisen, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.
Last but not least.

Als gleichstellungspolitische Sprecherin, als Feministin, als Frau ist mir der Schutz vor häuslicher und sexualisierter Gewalt von Frauen ein Kernanliegen meiner politischen Arbeit. Und ist ein Kernanliegen des Justizministeriums.

Mit dem vorliegendem Doppelhaushalt sichern wir die Frauen- und Kinderschutzinfrastuktur, aber auch Interventionsstellen und die Täterberatung – und damit schreiben wir den begonnenen Paradigmenwechsel in der Finanzierung der Gewaltschutzinfrastruktur fort. Das Ziel im Koalitionsvertrag ist klar: „ein landesweites Unterstützungsnetz“ – daran arbeiten wir.

Gleichzeitig verpflichtet uns die Istanbul Konvention auch gegen weitere geschlechtsspezifische Formen der Gewalt an Frauen. Mit Änderungsanträgen, die im Ausschuss eine breite Zustimmung erhalten haben, legen wir hier einen Fokus auf sexualisierte Gewalt. Mit einem Ausbau der medizinischen Soforthilfe, der anonymen Spurensicherung, einer sachsenweit tätigen Fachstelle und der Finanzierung eines Beratungsnetzes schaffen wir hier Unterstützungen für Opfer von sexualisierter Gewalt. Ich möchte mich deshalb zum Schluss bei der Staatsministerin Katja Meier bedanken.