Datum: 13. Juli 2022

Fonds für digitale Teilhabe & schnelles Internet – Gerber: Weiterer Schritt hin zu flächendeckenden Glasfasernetz

Redebeitrag des Abgeordneten Dr. Daniel Gerber (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD: „Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens ‚Fonds für digitale Teilhabe und schnelles Internet“ (Drs 7/9581)
53. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 13.07.2022, TOP 5

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

ein flächendeckendes Glasfasernetz ist die Grundlage für die Teilhabe an weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens. Der geschulte Umgang mit medialen Angeboten stärkt die Selbstständigkeit und Entscheidungsfähigkeit unserer Jugend. Der Erwerb grundsätzlicher Kenntnisse über den Aufbau und die Arbeitsweise digitaler Technik und Anwendungen ist essenziell für modernes Lernen an sächsischen Schulen und ein selbstbestimmtes Leben darüber hinaus. Auch die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft, besonders in strukturschwächeren Regionen, hängt von der Verfügbarkeit entsprechender Bandbreite ab. Wenn wir von gleichwertigen Lebensverhältnissen im städtischen und ländlichen Raum sprechen, dann gehört der Glasfaseranschluss ganz weit oben auf die Prioritätenliste!

Die Bundesregierung peilt mit der neuen Gigabitstrategie nun den flächendeckenden Ausbau bis Ende 2030 an. Ob diese Mammutaufgabe bis dahin wirklich schon beendet sein wird, bleibt ungewiss, aber natürlich zu hoffen.

Um dies zu erreichen, stellen Investoren laut Branchenaussagen in den kommenden Jahren knapp 50 Milliarden Euro für den bundesweiten Glasfaserausbau bereit. Ich erwarte, dass nach Königsteiner Schlüssel dann auch fünf Prozent hier „vergraben” werden. Wenn man sich allerdings dazu die gemeinsame Verbändeerklärung von VATM, BREKO, ANGA und Bitkom anschaut, dann kommt man zu folgendem Ergebnis:

Wir stecken beim Glasfaserausbau in der absurden Situation, dass sich die Branche weniger Förderung wünscht. Nach deren Aussagen sind nur circa zehn Prozent der Kosten aufgrund von Wirtschaftlichkeitslücken durch Förderung zu überbrücken. Wir dürfen daher die Fördermittel nicht mit der Gießkanne verteilen und damit das eigentliche Ziel, den schnelleren und aus haushalterischer Sicht sparsameren eigenwirtschaftlichen Ausbau, blockieren!

Wir BÜNDNISGRÜNE sagen klar: Es müssen jetzt alle Anstrengungen unternommen werden, damit das Geld, was wir heute freigeben, wirklich in die unterversorgten bzw. nicht wirtschaftlich erschließbaren Gebiete fließt. Eine zweite Chance dieser Größenordnung erhalten wir sicher nicht. Beim Umgang mit den Fördermitteln sind Gewissenhaftigkeit, Effizienz und Vorsicht geboten. Daher ist für uns besonders wichtig, dass die Potenzialanalyse des Bundes und deren Ergebnisse in die Planung in Sachsen einfließen.

Nachdem die Finanzierungsfrage nun mit dem vorliegenden Gesetz geklärt sein wird, lassen Sie uns daher umgehend die Beschleunigung des Prozesses selbst in den Blick nehmen.

Als BÜNDNISGRÜNE sprechen wir uns seit langem dafür aus, den Glasfaserausbau strategisch voranzubringen. Dazu schlage ich drei Punkte vor.

Erstens sollte es einen regelmäßigen und transparenten Dialogprozess zwischen allen Verantwortlichen, also dem SMWA, der Digitalagentur, den Breitbandkoordinatorinnen und -koordinatoren und den Telekommunikationsunternehmen geben. Schleswig-Holstein mit dem Bündnis für den Glasfaserausbau; Niedersachsen mit dem GigaPakt; NRW mit dem Gigabitgipfel; Rheinland-Pfalz mit dem Netzbündnis; Bayern mit dem Pakt für digitale Infrastruktur;  Saarland mit der Gigabitstrategie; Sachsen-Anhalt, Hessen und Baden-Württemberg mit dem Glasfaserpakt gehen diesen Weg bereits und haben zwischen Verwaltung und Wirtschaft konkrete eigenwirtschaftlichen Ausbauziele definiert.

Durch verbesserte Koordination zwischen den für den Glasfaserausbau relevanten Akteuren, der durch das Land koordiniert wird, sollen Synergien beim Glasfaserausbau erzeugt und Hemmnisse abgebaut werden. Das umfasst den strukturierten Austausch von Daten und das ständige Monitoring bezüglich des Fortschritts des Glasfaserausbaus mit den Gemeinden, Landkreisen und Netzbetreibern. Die Gespräche haben aus unserer Sicht auch den Vorteil, die Zusammenarbeit teilnehmender Unternehmen zu befördern. Open-Access Modelle und Kooperationen machen den Ausbau sehr viel effizienter. Es gilt zu verhindern, dass bestehende Leitungen überbaut werden. Als BÜNDNISGRÜNE legen wir Wert darauf, die Beratungsleistungen auch an Kommunen dahingehend zu intensivieren, über Stadt- bzw. Kreiswerke eigene Netze zu errichten und zu betreiben. Alternative Modelle bieten Kooperationen zwischen Kommunen und kommunalen Unternehmen zum Ausbau der Infrastruktur und das Betriebs an.

Schlussendlich brauchen wir zweitens Konzepte, um die Genehmigungsverfahren zu verkürzen. Die Vereinheitlichung von Standards des digitalisierten Genehmigungsverfahrens bieten dafür einen entscheidenden Hebel. Dafür sollte die „Eine Für Alle“-Leistung, die im Rahmen der Umsetzung des Online-Zugang-Gesetzes von Rheinland-Pfalz und Hessen entwickelt wurde, schnellstmöglich durch den Freistaat geprüft, angepasst und angewendet werden.

Insbesondere sehen wir drittens die Chance, in Zukunft vermehrt auf moderne Verlegemethoden zu setzen. Nicht jedes Kabel muss in 60 Zentimeter Tiefe mit einem herkömmlichen Bagger vergraben werden, das geht nach Paragraf 127 TKG auch mal als Oberleitung, mit komplett grabenlosen Verfahren, Fräsen oder sogar in Abwasserkanälen. So kommt man zu fast 70 Prozent schnelleren Bauzeiten und geringeren Kosten, was wiederum dazu führt, dass sich der eigenwirtschaftliche Ausbau früher lohnt und Steuergeld gespart werden kann. Dafür sollte gezielt Aufklärung in den regionalen Bauämtern betrieben werden.

Werte Damen und Herren,

ich bin froh, mit der Verabschiedung dieses Gesetzes einen langwierigen Abstimmungsprozess abzuschließen und einen weiteren Schritt auf dem Weg hin zu einem flächendeckenden Glasfasernetz zu gehen. Ich freue mich auf die vor uns liegende konstruktive Zusammenarbeit bei der Gestaltung des Glasfaserausbaus in Sachsen.

Ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf.