Datum: 24. März 2022

Kommunaler Finanzausgleich – Schubert: Austausch und Dialog auf Augenhöhe sind wichtig für enge Bindung mit den Kommunen

Redebeitrag der Abgeordneten Franziska Schubert (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Finanzausgleich des Landes mit den Kommunen krisenfest, zukunftsfähig und (aufgaben)gerecht gestalten – Kommunen bedarfsgerecht ausstatten“ (Drs 7/7219)
47. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 24.03.2022, TOP 5

– Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Linksfraktion legt erneut einen sehr knappen Antrag zum komplexen Sachverhalt kommunaler Finanzen vor. Der Geist, der sich durch diesen Antrag zieht, ist schlicht mit einem Wort zu charakterisieren: unterkomplex.

In einem ersten Schritt soll objektiv gemessen werden, wie ländliche Räume stabilisiert werden können. Betrachtet werden sollen dabei alle von den Gemeinden, Städten und Landkreisen zu erledigenden Aufgaben. Dann werden noch Schlagworte wie „zentralörtliche Mehrbedarfe“, „gemeindliche Sockelfinanzierung“, „Finanzmassen-verhältnis zwischen Freistaat und Kommunen“ und auch „zwischen den Kommunen“ genannt. Die benannte Frist zur Umsetzung der Forderungen – unter anderem einer Evaluierung aller kommunalen Aufgaben in Sachsen – bis Ende 1. Quartal ist schon mal komplett unmöglich.

Auch Corona wird kurz angeschnitten: Die prägenden Auswirkungen und weiterbestehenden Langfristfolgen der Pandemie auf die kommunalen Haushalte sollen berücksichtigt werden.
Ich glaube, das war es dann auch schon, was den zwei Seiten zu entnehmen ist.

Wir werden den Antrag ablehnen und ich möchte Ihnen begründen, warum.

1. Wenn man den kommunalen Spitzenverbänden Vertrauen schenken darf, ist die kommunale Ebene zufrieden mit ihrem Finanzausgleich; es wird mantraartig wiederholt, andere Länder beneiden uns darum. Grundlegende Änderungen bedürfe es nicht. Das wären alles Operationen am offenen Herzen.

2. Ihrem Antrag ist nicht zu entnehmen, wo der spürbare Aufwuchs an Mitteln herkommen kann. Und um das mal zu Ende zu denken: Was dafür auf Landesseite wegfallen kann, wird beziehungsweise soll. „deutlich spürbarer Aufwuchs an Steuerkraft“ schreiben Sie in der Begründung – das ist doch Quatsch, was soll das sein? Steuerkraftentwicklung steuere ich doch nicht über das FAG aus.

3. Die Pandemie hat Löcher in die Kassen gerissen. Diese sind bei Bund und Ländern groß. Die Kommunen wurden dank dieser beiden Ebenen finanziell sicher durch die Krise begleitet. Das zeigen die Zahlen aus den Jahre 2020 und 2021. Sie wissen ganz genau, dass wir die Kommunen weder mit den pandemiebedingten Kosten noch mit den Steuerausfällen allein gelassen haben. Sie waren dabei. Ich wundere mich allerdings, da diese Forderung im Widerspruch zu ihrem gestrigen Antrag zum Coronabewältigungsfondsgesetz steht – da wollten sie alle Mittel als Säule 1 (Steuerausfälle ausgleichen) in Säule 2 packen – und dann gäbe es keinen Spielraum, sollten die kommunalen Steuern doch nochmal runtergehen.

4. Es wird keine Regelung geben, die es allen Beteiligten vollumfänglich recht macht. Dafür ist die kommunale Familie viel zu heterogen. In meiner Fraktion haben viele Abgeordneten ein kommunales Mandat. Wir sind den Kommunen eng verbunden, den großen Städten, den Mittelzentren und den kleinen Gemeinden. Das ist auch der Grund, warum wir BÜNDNISGRÜNE den Austausch und den Dialog auf Augenhöhe wollen. Darum war uns auch das FAG-Symposium so wichtig. Die kommunalen Finanzen sind ein komplexes Thema und so sollten sie auch eingeordnet werden. Die Diskussion auf dem FAG-Symposium hat unter anderem deutlich gezeigt, dass die kommunalen Finanzen nicht losgelöst von den Landesfinanzen diskutiert werden können.

Zum FAG-Symposium möchte ich noch sagen, dass es ein gelungener Auftakt war, der unbedingt verstetigt werden sollte. Ich hatte den Eindruck, dass auch die kommunale Ebene die fachliche Einordnung geschätzt haben. Das Symposium ist initiiert gewesen von den Koalitionsfraktionen und so auch im Haushalt ausgewiesen. Änderungen wird man nur hinbekommen, wenn man sich auseinandersetzt mit Szenarien – und die Kommunen sagen, ja, das bringt uns wirklich was.
Es ist für uns alle eine große Chance, uns einen gemeinsamen Wissens- und Diskussionsstand zu erarbeiten. 

Meines Erachtens werden steigende Sozialausgaben in Kombination mit regional unterschiedlich stark ausgeprägten strukturellen Schwächen die Harmonie innerhalb der kommunalen Familie weiterhin stören. Dafür wird es eine transparente und nachvollziehbare Lösung brauchen. Und auch wenn das im FAG-Symposium noch nicht die notwendige Aufmerksamkeit erhalten hat, so ist das Symposium ein guter Schritt auf dem Weg dahin.

5. Sie schreiben von Sockelfinanzierung: Haben wir doch gemacht. Denn Sockelfinanzierung ist Stärkung der kleinen Kommunen.

Da ich grundsätzlich Flickschusterei eher nicht für den richtigen Weg halte und das Grundsystem betrachte, sehe ich zumindest, dass sich ein wenig etwas öffnet. Es ist gut, bevor man handelt, Szenarien zu entwickeln. 

6. Ihre PM von heute Morgen habe ich gelesen.

Sie schreiben: „Wir müssen die Finanzbeziehungen zwischen dem Freistaat und seinen Kommunen neu ordnen. Die Landkreise, Städte und Gemeinden erhalten zwar verlässlich Geld – aber verlässlich zu wenig.“

Faktencheck: Sachsen steht an zweiter Stelle bundesweit, was Zuweisungen prozentual an Kommunen angeht… keine Frage der Masse, sondern der Verteilung.

„aber wenn Kreistage und Stadträte ihre Haushalte aufstellen, wird stets darüber geschimpft, dass der Freistaat seine Kommunen austrocknet.“

Jetzt machen Sie aber mal einen Punkt. Als würden da Leute sitzen, die sich die Hände reiben und überlegen, wie sie die Kommunen noch mehr knietschen können.

„Mit gefühlt hunderten undurchsichtigen Förderprogrammen versucht man die kommunale Ebene milde zu stimmen und darüber hinwegzutäuschen, dass verlässlich zu wenig Geld im System ist.“

Das ist falsch. Aber Förderpolitik ist ein Punkt…

„Lösung ist einfach: Geben wir den Kommunen mehr frei verfügbare Mittel und Pauschalen, über deren Verwendung sie frei entscheiden können!“

Okay – dann nimmt man das aus der Fachförderung raus; dann muss man das aber ehrlich kommunizieren.

„Die Aufgabenverteilung zwischen der Landesebene und den Kommunen ist noch nie tiefergehend überprüft worden. Genau das fordern wir mit unserem Antrag.“

Mehrbelastungsausgleich? Stetiger Austausch.

„Dann muss die Staatsregierung mit den Spitzenverbänden über das System der gemeindlichen Sockelfinanzierung, das Finanzmasseverhältnis zwischen Sachsen und den Kommunen sowie innerhalb der kommunalen Finanzierungssäulen und über weitere relevante Faktoren entscheiden.“

Das macht sie doch – die Staatsregierung entscheidet mit den kommunalen Spitzenverbänden. Auf einem anderen Blatt steht, aber auch das muss innerhalb der kommunalen Familie geklärt werden, wie die Vertretung organisiert ist.

Was fehlt in Ihrem Antrag alles?

  1. Kommunalisierungsgrad – ja, darüber könnten wir reden; fehlt aber in Ihrem Antrag.
  2. Situation der ehemaligen Kreisfreien Städte – das wäre ja mein Ansatzpunkt; fehlt auch in Ihrem Antrag.
  3. Folgen der Gebietsreform – das ist der Ansatz; Evaluation gab es bislang nicht; besondere Härtefälle Landkreis Görlitz und Nordsachsen, weggefallene Sonderansätze …

Beim besten Willen – dem kann man nicht zustimmen.