Datum: 10. September 2025

Windkraftausbau – Löser: Wenn wir nicht massiv in erneuerbare Energien investieren, werden wir wieder abhängig von Importen

Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU und SPD: „Gesetz zur Änderung planungsrechtlicher Vorschriften und akzeptanzfördernder Maßnahmen im Bereich der Erneuerbaren Energien“ (Drs 8/2644) und zum Gesetzentwurf der Fraktion AfD: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Raumordnung und Landesplanung des Freistaates Sachsen“ (Drs 8/2094)

18. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 10.09.2025, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

zwei Gesetzesentwürfe liegen uns heute vor: einer von der AfD, einer von CDU, SPD und BSW. Beide richten sich, so sehen wir das, faktisch gegen den Ausbau der Windkraft. Wenn auch mit unterschiedlichen Intentionen.

Und beide gefährden damit die wirtschaftliche Entwicklung Sachsens und lassen das zarte Pflänzchen „Ausbau der erneuerbaren Energien mittels Windkraft“, welches in der letzten Legislaturperiode durch Beteiligung der Grünen an der Landesregierung ein bisschen Licht erblickte, wieder eingehen.

Bei der AfD ist es offensichtlich: Es geht ihr nicht um eine sachliche Auseinandersetzung mit der Energieversorgung, nicht um wirtschaftliche Vernunft, nicht um Sachsens Zukunftschancen. Es geht ihr um Stimmungsmache, um die Verbreitung von Fake News mittels Begrifflichkeiten wie „Flatterstrom“ und „Vogelschredder“, und einer Erzählung von einer Opferrolle des ländlichen Raums. Auf der einen Seite die Bevölkerung auf dem Land – und auf der anderen die arroganten Städter, die ja die Windräder nicht vor der Nase haben.

Jetzt mach ich mal das Gegenbild. Sie von der AfD, Sie könnten ja auch mit den Menschen im ländlichen Raum reden und sagen:

„Leute, wir haben ein Thema, das müssen wir gemeinsam klären. Es gibt die Klimaerwärmung und wir alle müssen was dagegen tun. Und ja, wir wissen, Deutschland trägt nur ein Prozent zum Kohlendioxid-Ausstoß weltweit bei, aber jeder Mensch in Deutschland emittiert statistisch gesehen doppelt so viel CO2 wie die Menschen in Indien. Deswegen verlangt es der gute Anstand und das Gerechtigkeitsempfinden, unseren CO2-Ausstoß zu senken. Denn die Armen der Welt trifft die Klimaerwärmung viel stärker als uns wohlhabende Menschen im Europa.“

Sie könnten sagen: „Wind- und Sonnenergie sind doch im besten Sinne Heimatstrom, hier vor Ort produziert, deutsches Licht, deutscher Wind, da müssen wir Lösungen finden, das könnten Sie alles sagen.“

Tun sie aber nicht. Sondern Sie ziehen den menschengemachten Klimawandel ins Lächerliche und verteufeln erneuerbare Energien, die eben kein CO2 ausstoßen oder uns radioaktive Brennstäbe für die Ewigkeit hinterlassen.

Und um eins klar zu sagen, man muss Windräder nicht schön finden und natürlich kann es durch Windräder und Stromtrassen Belastungen geben – aber in der Stadt gibt es durch Verkehrslärm, hohe Mieten, knappen Wohnraum und weniger Grünflächen auch Belastungen. Und kein Städter findet es toll, wenn der Pendelverkehr aus dem Umland ihn früh um sieben weckt. Jeder Wohnort bringt Vor- und Nachteile mit sich. Und Strom brauchen wir am Ende alle.

Wer Politik ernst nimmt, sucht Lösungen, schafft Ausgleich, sorgt für gegenseitiges Verständnis. Die AfD hingegen nutzt die Unterschiede, um Gräben zu vertiefen. Sie erzählt den einen, sie seien die Opfer, und den anderen, sie seien die Täter. Sie schüren Neid und Missgunst, statt Verantwortung zu übernehmen. Diese Strategie kann man ja auch wunderbar im Strategiepapier der AfD Bundestagsfraktion nachlesen.

Und wie unehrlich diese Argumentation ist, zeigt sich in Dresden besonders deutlich. Während die AfD im ländlichen Raum behauptet, die böse Windlobby aus der Stadt will euch die Windräder vor die Nase stellen, damit die Städter Strom haben, lehnen ihre Kollegen im Dresdner Stadtrat unseren Grünen-Antrag zur Errichtung von Windrädern im Stadtrandgebiet von Dresden ab.

Maximal inkonsequent. Es geht nicht um die Sache, es geht um Stimmungsmache.

Der Gesetzentwurf der AfD ist ein Frontalangriff auf die Energiewende. Mit einem Ausbaustopp und Flächenbegrenzungen wollen sie den Ausbau soweit es nur geht verhindern. Das Ergebnis wäre: kaum neuen Anlagen, weniger Investitionen, weniger Wertschöpfung in Sachsen. Und damit letztlich auch: mehr Importabhängigkeit von Despoten wie Putin, als dessen langer Arm Sie ja schon lange fungieren.

Meine Damen und Herren,
auch für uns Grüne ist die Akzeptanz beim Ausbau der erneuerbaren Energien sehr wichtig. Deswegen wurde in der letzten Regierung auf maßgeblich grüne Initiative das Beteiligungsgesetz in Sachsen verabschiedet.

Dadurch können die Gemeinden im ländliche Raum schon heute ganz konkret von Windkraft und Solar finanziell profitieren. Windräder sind nicht nur saubere Stromlieferanten, sie sind auch Einnahmequellen für Gemeinden.

Und damit kommen wir zum zweiten Gesetzentwurf. CDU, SPD und BSW, Sie verkaufen ihn uns ja als Beitrag zur „Akzeptanzsteigerung“.

Ja, schön, wenn es so wäre. Aber schon in der Anhörung wurde deutlich, dass das so nicht funktioniert, deswegen mussten Sie ja ihren Antrag noch mal ändern. In Wahrheit handelt es sich auch hier, politisch von der AfD getrieben, um nichts anderes als eine weitere Ausbaubremse für Windkraft.

Warum? Sie wollen die Beteiligungsabgaben für Kommunen so anheben, dass Projekte am Ende unwirtschaftlich werden. Sie verzerren damit den deutschlandweiten Wettbewerb, denn am Ende verschlechtern sie die Wettbewerbsbedingungen für sächsische Unternehmen.

Mit diesem Gesetz droht Sachsen, beim Ausbau noch weiter zurückzufallen. Schon heute sind wir Schlusslicht unter den Bundesländern beim Windkraftausbau. Sie wollen diesen Negativrekord zementieren, wir nicht.

Die CDU spricht gerne von Wirtschaftskompetenz. Doch schauen wir uns die Ergebnisse dieser Politik mal an. Deutschland war einmal Weltmarktführer bei Photovoltaik. Dann hat die CDU im Bund den Ausbau massiv ausgebremst. Das Ergebnis: Zehntausende Arbeitsplätze sind verloren gegangen, ganze Industriezweige nach Asien abgewandert. Erst letzte Woche hat der Hersteller Meyer Burger in Sachsen seine letzten 500 Arbeitskräfte in der Region entlassen.

Ähnlich beim Thema Automobilindustrie. Ministerpräsident Kretschmer und viele seiner Parteikollegen haben jahrelang den Verbrennungsmotor als zukunftssicher gepriesen und die Elektromobilität ausgebremst. Söder fordert gerade die Laufzeit für Verbrenner auf unendlich auszudehnen. Rolle vor und rückwärts gleichzeitig, genau so wie bei der Atomkraft.

Das Ergebnis: Sachsen hat heute eine der niedrigsten Elektromobilitätsquoten in Deutschland und das im Autoland Sachsen. Wo sind denn die großen Kampagnen pro Elektromobilität in Sachsen?
Im VW-Elektro-Werk Zwickau wurden gerade 1000 Stellen gestrichen. Währenddessen überrollt uns die chinesische Autoindustrie mit konkurrenzfähigen Elektroautos.

Die Wärmepumpe lasse ich jetzt mal weg. Aber Sie werden sehen, auch diese Technologie wird sich wie in den nordischen Ländern durchsetzen. Statt die Chance zu nutzen, hier in Sachsen Schlüsseltechnologien zu etablieren, bremst die CDU seit Jahren, durch dieses Hü und Hott, wo sie nur kann.

Sachsen verbraucht mehr Strom, als es selbst erzeugt. Mit jedem Jahr steigt dieser Bedarf – durch Elektromobilität, durch Digitalisierung, durch Wärmepumpen. Wenn wir nicht massiv in erneuerbare Energien investieren, werden wir abhängig von Importen. Das ist keine kluge Energiepolitik, das ist ein Standortsicherungsprogramm für andere Bundesländer und das Ausland.

Meine Damen und Herren,
wir BÜNDNISGRÜNE kritisieren nicht nur – wir machen auch eigene Vorschläge, wie Akzeptanz für die Windkraft gesteigert werden kann. Dazu liegen ihnen ein Entschließungsantrag und ein Änderungsantrag vor.

Erstens: Wir fordern eine bundesweite Harmonisierung der Beteiligungsabgaben. Heute gibt es einen Flickenteppich, jedes Bundesland hat eigene Regeln. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen und Unsicherheit. Einheitliche Regeln schaffen Klarheit für Investoren und Kommunen – und sorgen dafür, dass Windkraftprojekte nicht an Landesgrenzen scheitern.

Zweitens: Wir wollen ein bundesweit wirksames Instrument zur Strompreisrabattierung für direkte Anwohner von Windrädern. Wer in Sichtweite einer Anlage lebt, soll auch spürbar beim Strompreis entlastet werden. Das ist ein fairer Ausgleich für die Zumutungen vor Ort – und ein echtes Plus an Akzeptanz.

Das sind konkrete Maßnahmen, die Akzeptanz schaffen, ohne den Ausbau in Sachsen auszubremsen.

Meine Damen und Herren,
die AfD will die Energiewende zerstören. CDU, SPD und BSW wollen sie klein halten. Beides ist schädlich für Sachsen.

Wir BÜNDNISGRÜNE stehen für das Gegenteil: für eine Energiewende, die Chancen eröffnet, die Arbeitsplätze schafft, die Klimaschutz ernst nimmt. Und wir machen konkrete Vorschläge, wie Akzeptanz gestärkt werden kann – fair, wirksam und wirtschaftlich sinnvoll.

Darum lehnen wir die vorliegenden Gesetzentwürfe entschieden ab und werben für unsere eigenen Anträge. Denn nur so wird Sachsen ein Land, das nicht bremst, sondern Zukunft gestaltet.