Mietpreisprüfstelle – Löser: Mieter:innen dürfen nicht länger das Gefühl haben, dem Wohnungsmarkt ausgeliefert zu sein
Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion BÜNDNISGRÜNE: „Mieterinnen- und Mieterschutz in Sachsen stärken“ (Drs 8/3411)
18. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 10.09.2025, TOP 7
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
morgen, am 11. September, ist der Tag der Wohnungslosen. Und gestern hat die Diakonie Sachsen dazu eine Pressemitteilung herausgegeben. Unter der Überschrift „Wohnungsnot beenden: Diakonie Sachsen kritisiert fehlende Lösungen.“ Schreibt die Diakonie.
„3.439 Menschen suchten Hilfe bei der Diakonie Sachsen. Die Wohnungsnot bleibt im Freistaat auf hohem Niveau.“ Und weiter „Die Zahlen sind alarmierend. Wohnungsnot ist längst kein Randphänomen mehr, sondern betrifft Menschen von jung bis alt. Wir fordern die Politik auf, endlich wirksame Maßnahmen umzusetzen und Wohnungsnot konsequent zu verhindern. Besonders in großen Städten ist bezahlbarer Wohnraum Mangelware.“ Zitat Ende.
Und genau um Wohnungsnot zu verhindern und Mieterinnen zu schützen, haben wir Ihnen diesen Antrag vorgelegt.
Wohnen ist ein Grundrecht. Doch für viele Menschen in Sachsen ist es längst zu einer existenziellen Sorge geworden. Wer eine Mietwohnung sucht, muss häufig zu hohe Mieten akzeptieren. Wer Mieter ist, sorgt sich vor Verdrängung durch steigende Mieten oder durch Anmeldung von Eigenbedarf. Besonders in Dresden und Leipzig, aber auch zunehmend in den Umlandgemeinden, stoßen Familien, junge Erwachsene, Alleinerziehende oder Rentnerinnen und Rentner an ihre Grenzen.
Erst letzte Woche gab es in Dresden Johannstadt die Übergabe einer Petition bezüglich undurchsichtiger Nebenkostenabrechnungen bei Vonovia in Dresden, die immerhin 400 Menschen unterzeichnet haben.
Mit unserem Antrag wollen wir den Mieterschutz in Sachsen stärken. Wir wollen, dass die Menschen hier nicht länger das Gefühl haben, dem Wohnungsmarkt ausgeliefert zu sein. Und wir wollen deutlich machen: Politik kann handeln, wenn sie es will.
Ein zentraler Punkt ist die Einrichtung einer Mietpreisprüfstelle. Im Bundesland Berlin gibt es so etwas bereits, und die Erfahrungen dort zeigen: Es hilft. Mieterinnen und Mieter können in Berlin kostenfrei prüfen lassen, ob ihre Miete rechtens ist – ob die Mietpreisbremse eingehalten wird, ob ein Mietspiegel beachtet wurde, ob gar Mietwucher vorliegt.
Genau das brauchen wir auch in Sachsen. Wir dürfen Menschen nicht länger mit juristischen Fragen alleinlassen, die ihre Existenz betreffen. Eine unabhängige kostenfreie Prüfstelle schafft Transparenz, stärkt Rechte und sorgt dafür, dass das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter fair bleibt.
Zweitens: Wir fordern die Verlängerung der Kappungsgrenzenverordnung auf 5 Jahre. Sie begrenzt Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen auf 15 Prozent. Und gilt in Sachsen momentan nur für zwei Jahre bis Juni 2027.
Diese Regelung ist kein Luxus, sie ist bitter notwendig und würde langfristig Klarheit schaffen.
Denn mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung, auf geplante Unternehmensansiedlungen und auf den nahezu zum Stillstand gekommenen Wohnungsbau ist keine Entspannung am Wohnungsmarkt in den Großstädten in Sicht.
Wer also glaubt, wir könnten solche Schutzinstrumente nach zwei Jahren auslaufen lassen, verschließt die Augen vor der Realität.
Drittens: Wir müssen uns rechtzeitig auf die Verlängerung der Mietpreisbremse in Sachsen Ende 2025 vorbereiten. Schon heute ist klar: Ohne dieses Instrument werden die Mieten in angespannten Märkten noch schneller steigen. Deshalb wollen wir die Liste der Orte mit angespanntem Wohnungsmarkt aktualisieren – und dabei nicht nur die Großstädte untersuchen, sondern ausdrücklich auch die Umlandgemeinden.
Denn auch dort steigen die Mieten, weil immer mehr Menschen aus den Städten ins Umland ausweichen. Wer heute in Radebeul, Markkleeberg oder Radeberg eine Wohnung sucht, spürt längst den Druck, der früher nur in den Großstädten herrschte.
Aber auch in Leipzig und Dresden muss die Mietpreisbremse unbedingt bestehen bleiben und da sind wir sehr gespannt, wann uns die entsprechende Verordnung aus dem Ministerium erreicht.
Viertens: Wir wollen das Umwandlungsverbot vorbereiten. In vielen Städten erleben wir, dass Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Für Investoren mag das lukrativ sein, für die Mieterinnen und Mieter bedeutet es oft Verdrängung.
Denn wer nicht kaufen kann, verliert seine Wohnung. Mit einem Umwandlungsverbot in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt schützen wir bezahlbaren Wohnraum und verhindern Spekulation.
Meine Damen und Herren,
all diese Maßnahmen haben eines gemeinsam: Sie schaffen Vertrauen. Vertrauen darin, dass Mieten nicht ins Bodenlose steigen. Vertrauen darin, dass man in seiner Wohnung bleiben kann. Vertrauen darin, dass Politik die Sorgen der Menschen ernst nimmt.
Ich weiß, dass manche von Ihnen sofort das alte Lied von „zu viel Regulierung“ oder „zu viel Eingriff in den Markt“ anstimmen werden. Aber die Wahrheit ist: Der Markt allein hat es bisher nie geschafft. Sonst hätten wir längst genügend bezahlbare Wohnungen.
Der Markt baut logischerweise vor allem dort, wo hohe Renditen winken – Luxuswohnungen in Innenstädten, Eigentumswohnungen für Anleger. Aber er baut bisher nicht genügend Wohnungen, die sich Normalverdienende leisten können. Deshalb braucht es politische Leitplanken.
Und noch eines: Mieterschutz ist kein Angriff auf Vermieterinnen und Vermieter. Es geht nicht darum, Eigentum schlechtzureden. Es geht darum, faire Regeln zu schaffen.
Die allermeisten Vermieterinnen und Vermieter handeln seriös. Doch wir müssen die schützen, die es mit Miethaien oder Spekulanten zu tun haben. Und das sind leider nicht wenige.
Mit unserem Antrag geben wir der Staatsregierung konkrete Aufgaben: Eine Mietpreisprüfstelle einrichten. Die Kappungsgrenzen-Verordnung verlängern. Die Mietpreisbremse fortsetzen und eine Ausweitung auf die Umlandgemeinden prüfen. Ein Umwandlungsverbot von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen vorbereiten.
Das sind keine radikalen Forderungen. Das sind notwendige Schutzmaßnahmen. Schutzmaßnahmen für hunderttausende Mieterinnen und Mieter in Sachsen, die sich Sicherheit im eigenen Zuhause wünschen.
Deshalb bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Stärken wir gemeinsam den Mieterschutz in Sachsen – für eine Gesellschaft, in der Wohnen kein Luxus ist, sondern für alle bezahlbar bleibt.