Datum: 30. Oktober 2025

Aktuelle Debatte Stadtbild – Lippmann: Wir müssen die alltägliche Gefahr, die von Rechtsextremisten für unsere Demokratie ausgeht, ernst nehmen!

Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zur Dritten Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Rechtsradikale bedrohen mehr als das Stadtbild – gemeinsam die Menschenrechte verteidigen“

21. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 30.10.2025, TOP 2

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
werte Kolleginnen und Kollegen,

das größte gesellschaftliche Problem in Sachsen ist der Rechtsextremismus und der zeigt sich überall. Auf dem Land, in unserem Parlament und natürlich auch im Stadtbild.

Opferberatungsstellen verzeichnen einen enormen Anstieg von rechten Angriffen, Faschismus ist im Alltag auf den Straßen wieder regelmäßig sichtbar, szenetypische Kleidung, auch mit offensichtlich verfassungswidrigen Zeichen wie dem Hakenkreuz, wird offen und stolz getragen.

Demonstrationsteilnehmer*innen, wie z.B. die Menschen, die zum CSD möchten, müssen unter Polizeischutz zur Demonstration gebracht werden und nehmen, sobald sie diese verlassen, häufig sämtliche Symbole ab, die sie als zur Demo zugehörig identifizieren, während Gegendemonstrant*innen menschenverachtende Parolen und Kleidung mit rechtsextremen Symbolen offen zur Schau stellen.

Als BÜNDNISGRÜNE weisen wir seit Jahren auf die steigende Gefahr durch Rechtsradikale hin, haben das Gesamtkonzept gegen Rechtsextremismus durchgesetzt, dessen Fortschreibung und -entwicklung wichtiger denn je ist, und fordern schon lange, dass es einen klaren Fokus der Sicherheitsbehörden auf den Rechtsextremismus braucht.

Auch die Finanzströme rechter Netzwerke müssen aufgedeckt und trockengelegt werden. Und wir alle müssen dringend die alltägliche Gefahr, die von Rechtsextremisten für unsere Demokratie ausgeht, ernst nehmen!

Werte Kolleginnen und Kollegen,
die Stadtbilddebatte hat in den letzten Tagen zurecht für großes Aufsehen gesorgt. Auch in Sachsen sind viele Menschen auf der Straße gewesen, um sich klar und deutlich nicht nur gegen die rassistischen Dimensionen, sondern nunmehr auch die antifeministische Richtung, die die ganze Debatte eingeschlagen hat, zu positionieren.

Sprache hat eine große Macht und einen enormen Einfluss auf unser aller Denken, Verhalten und Handeln. Indem Sprache immer weiter verroht und zugleich plumpe Polemik und niederträchtiger Populismus um sich greift, leisten immer mehr Politikerinnen und Politiker aus dem eigentlichen demokratischen Spektrum als Stichwortgeben den Antidemokraten Vorschub.

Die Meldungen der Polizei sind fast täglich mit rechten Angriffen, Schmierereien, dem Verwenden verfassungswidriger Symbole versehen. Und das sind nur die Dinge, die öffentlichen Stellen bekannt werden! Die Dunkelziffer dürfte sehr viel höher sein.

Die dahinterstehende Ideologie wird befeuert durch rechte Hetze, die dadurch eintretende Normalisierung von permanenten Grenzüberschreitungen in der Sprache und dem Gebaren von AfD und denjenigen, die ihr auf dem Leim gehen.

Solange wir es zunehmend mit Regionen in Sachsen zu tun haben, in denen Rechtsextremisten eine Hegemonie im Stadtbild ausüben, ohne dass dem wirksam entgegengewirkt wird, haben wir ein elementares Problem für unsere freiheitliche Demokratie.

Und nein, es geht gar nicht darum, dass wir keine Debatte über unser Stadtbild führen können. Aber dann bitte über soziale Fragen, über Obdachlosigkeit und über alkoholisierte Männergruppen, die sicherlich immer noch die größte Gefahr für die Töchter von Friedrich Merz darstellen dürften – aber nicht über Hautfarben oder vermeintliche Migrationshintergründe.

Ich hätte mir einen Bundeskanzler gewünscht, der sich differenziert über Unsicherheitsgefühle äußert und nicht am Ende noch Frauen instrumentalisiert, um diese rassistischen Äußerungen zu rechtfertigen.

Es dürfte nicht zu viel verlangt sein, von einem Regierungschef einer pluralen freiheitlichen Demokratie die notwendige Differenziertheit bei Äußerungen und die hinreichende Reflektiertheit bei deren Folgen an den Tag zu legen.

Der Bundeskanzler darf nicht zu Stichwortgeber des Populismus verkommen, sondern muss tatsächlich ein Bundeskanzler aller Menschen sein wollen.

Der Schutz der Menschenrechte, unserer Demokratie und unseres Rechtsstaats muss dabei an erster Stelle stehen und wir alle müssen dafür kämpfen, dass Rechtsextreme unser aller Leben und Wirken nicht weiter beeinträchtigen. Egal ob im Internet oder im Stadtbild.