Medizinische Versorgung – Löser: Es fehlt ein Konzept, wie wir Ärztinnen und Ärzten tatsächlich langfristig in Sachsen halten
Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Medizinische Versorgung sicherstellen – Handlungsempfehlungen des „Berichts zur Fortschreibung des Gutachtens zur Entwicklung des Versorgungs- und Arztbedarfes in Sachsen bis zum Jahr 2035″ umsetzen“
23. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 04.12.2025, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
auf der Tagesordnung steht heute ein Antrag der AfD-Fraktion, der auf den ersten Blick den Eindruck erweckt, als ginge es um konkrete Lösungen gegen den Ärztemangel in Sachsen. Doch wer genauer hinschaut, erkennt schnell: Dieser Antrag bleibt in weiten Teilen oberflächlich, unrealistisch, rechtlich unhaltbar – und vor allem ignoriert er die tatsächlichen Handlungsspielräume des Landes.
Der Ärztemangel ist eine der größten Herausforderungen für die Versorgung in ländlichen Räumen. Das ist unbestritten. Aber bei der AfD findet sich – wie so oft – keine solide Analyse, sondern politische Schnellschüsse, die mit der Realität unseres Gesundheitssystems nicht viel zu tun haben.
Ein zentraler Bestandteil des Antrags ist die Forderung, der Freistaat solle die Kassenärztliche Vereinigung verpflichten, mehr Eigeneinrichtungen zu betreiben und Mentoringprogramme zu starten.
Meine Damen und Herren,
das ist rechtlich schlicht nicht möglich. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen ist eine Körperschaft der gemeinsamen Selbstverwaltung. Die Staatsregierung hat hier keine Weisungsbefugnis. Das ist kein politischer Meinungsspielraum – das ist geltendes Bundesrecht.
Wer solche Forderungen stellt, beweist entweder mangelnde Kenntnis des Fünften Sozialgesetzbuches oder ignoriert bewusst die Struktur unseres Gesundheitswesens. Beides ist bedenklich und eine klare Missachtung unserer Selbstverwaltung.
Die AfD fordert unter anderem zusätzliche Budgets für Kommunen, mehr Studienplätze im In- und Ausland, neue Versorgungseinheiten, Patientenbusse und Bürgerfahrdienste. Alles Punkte, über die man diskutieren kann – wenn man sagt, wie das finanziert werden soll. Der Antrag bleibt aber an jeder Stelle die Antwort schuldig:
Wie sollen Kommunen zusätzliche Budgets erhalten, wenn gleichzeitig von denselben politischen Kräften Haushaltskürzungen und Schuldenbremsendogmen gefordert werden?
Wie sollen weitere Studienplätze entstehen, wenn erst die bereits beschlossenen 110 zusätzlichen Plätze Wirkung entfalten müssen und die Universitäten heute schon an Kapazitätsgrenzen arbeiten?
Die AfD verspricht viel – zahlen will sie nichts. Das ist keine Versorgungspolitik. Das ist Populismus.
Besonders problematisch ist die Forderung nach einer vollständigen Abschaffung aller Budgetgrenzen für Ärzte. Das würde zu einem massiven Anstieg der GKV-Ausgaben führen. Die Konsequenz von einem solchen Luftschloss wären drastisch steigende Krankenkassenbeiträge, die am Ende Millionen Versicherte und deren Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber treffen würden. Die AfD zeigt hier deutlich, was ihr wichtiger ist: Schlagzeilen statt Verantwortung.
Statt sich mit den realen Herausforderungen auseinanderzusetzen – Demografie, Arbeitsbedingungen, sektorenübergreifende Versorgung, Nachwuchsgewinnung – präsentiert die AfD ein Sammelsurium von Forderungen, das weder kohärent noch umsetzbar ist. Vor allem aber fehlt eines: Ein Konzept, wie wir Ärztinnen und Ärzte tatsächlich langfristig in Sachsen halten.
Es reicht eben nicht, Studienplätze irgendwo im Ausland zu kaufen und zu hoffen, dass die Absolventinnen und Absolventen schon bleiben werden.
Die AfD will den Eindruck vermitteln, dass die Versorgungslage durch symbolpolitische Forderungen verbessert werden kann. Doch unser Gesundheitswesen ist komplex, verzahnt und von bundesrechtlichen Rahmenbedingungen bestimmt.
Wir brauchen:
- gute Arbeitsbedingungen,
- verbindliche Weiterbildungsstrukturen,
- digitale Infrastruktur,
- sektorenübergreifende Versorgung,
- verlässliche Unterstützung für Kommunen
- und nachhaltige Nachwuchsgewinnung.
Was wir nicht brauchen, ist ein Antrag, der mehr verspricht, als er je halten könnte – und der den Bürgerinnen und Bürgern ein Bild vermittelt, das mit der Realität nichts zu tun hat.
Der Ärztemangel in Sachsen ist ein ernstes Problem. Deshalb braucht es ernsthafte Politik – keine symbolischen Forderungen, die rechtswidrig und unbezahlbar sind. Die AfD bietet hier keine Lösungen, sondern nur Schlagworte. Wir sollten heute klar machen: Wer echte Versorgungssicherung will, muss mit Verantwortung handeln – nicht mit Populismus.
Wir lehnen den Antrag ab, denn Populismus löst keinen Ärzt*innenmangel.
Vielen Dank.