Datum: 28. Juni 2023

Gesundheit ist mehr als das einzelne Krankenhaus, Gesundheit ist ein vernetztes Angebot

Menschen wollen dort medizinisch versorgt werden, wo sie leben – egal, ob in Stadt oder Land. Doch genau das wird in Zeiten von Fachkräftemangel und demografischem Wandel zur immer größeren Herausforderung. Das Gesundheitssystem steht vor Veränderungen, damit es zukunftssicher ist. Deshalb haben wir BÜNDNISGRÜNE uns bei der Aktualisierung des Krankenhausgesetzes für den Aufbau von Gesundheitszentren stark gemacht. Denn damit auch künftig alle Menschen in Sachsen eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung vorfinden, braucht es einen Wandel in den Strukturen.

Sei es das hohe Fieber beim Kind, die Physiotherapie nach einem Arbeitsunfall, die Platzwunde vom Schulhof, die Nachsorge nach einer OP, der Geburtsvorbereitungskurs oder der Schwindelanfall mitten in der Nacht – für all das brauchen Menschen schnelle Hilfe und Beratung. Und all das ist an einem Ort möglich. Denn vom täglichen Bedarf der Menschen aus gedacht, ist Versorgung nicht immer gleich an hochspezialisierte Stationen gebunden – sondern vielmehr an Erreichbarkeit, Verlässlicheit und eine gute Weiterbehandlung.

Deshalb orientieren wir BÜNDNISGRÜNE uns für die Gesundheitsversorgung der Zukunft an der Idee der Gesundheitsregionen. Durch dieses Modell entsteht auch für viele Regionen in Sachsen die Chance, die Gesundheitsversorgung neu aufzustellen und dabei die Bedarfe der Menschen im Blick zu haben. Der Landkreis Görlitz zum Beispiel ist derzeit in einen Transformationsprozess eingebunden und zählt zu den strukturschwachen Landkreisen in Deutschland. Der Strukturwandel bietet die Möglichkeit, die Weichen für eine nachhaltige Gesundheitsversorgung zu stellen. Als BÜNDNISGRÜNE haben wir uns auf den Weg gemacht, Gesundheit neu zu denken und dabei die Leistungserbringer, Sozialversicherungen, Politik und Verwaltung sowie die Zivilgesellschaft einbezogen.

Das Neue an unserer Idee ist, dass die Gesundheitsregion vernetzt denkt und Prävention, Gesundheitsförderung und Versorgungsoptimierung in den Mittelpunkt stellt. Ihr Ziel ist es, den Gesunheitszustand und die Gesundheitschancen der Bevölkerung zu verbessern – ganz im Sinne eines längeren gesunden Lebens. Das entlastet auch die zukünftig immer knapper werdenen Fachkräfte und führt zu einer geringeren Steigerung der Kosten für die Gemeinschaft.

In einem Konzeptpapier haben wir verschiedene Maßnahmen zusammengefasst, durch die eine gute regionale Gesundheitsversorgung sichergestellt werden soll. Hiervon können auch weitere Empfehlungen für den Aufbau von Gesundheitsregionen in den verschiedenen Teilen Sachsens abgeleitet werden:

Pflegegipfel

Die Stärkung der Pflege ist essenziell für eine gute Gesundheitsversorgung vor Ort. Deshalb sollte auf einem Pflegegipfel unter dem Motto „Was jetzt passieren muss, um die pflegerische Versorgung zu stärken“ eine Standortbestimmung vorgenommen werden. Wo stehen wir derzeit? Wo wollen wir hin? Gleichzeitig sollten Bedarfe für neue Organisationsmodelle in der Pflege eruiert werden. Dabei spielen bestehende und geplante Modellprojekte eine wesentliche Rolle. Ein solcher Pflegegipfel sollte vom Landkreis zusammen mit den Kranken- und Pflegekassen initiiert werden und kann auch virtuell stattfinden. Zum Kreis der Teilnehmenden sollten aus unserer Sicht mindestens Leistungserbringer, Pflegekräfte, Kommunalpolitiker und pflegende Angehörige gehören.

Aufbau einer mobilen geriatrischen Rehabilitation

Mit Blick auf die Altersstruktur in Sachsen gehört zu einer guten Gesundheitsversorgung auch die Sicherstellung und Weiterentwicklung der geriatrischen Versorgung. Diese sollte gerade im ambulanten Bereich künftig deutlich stärker genutzt werden. Die Teams der mobilen geriatrischen Rehabilitation sind multiprofessionell aus Mediziner*innen, Pflegefachkräften, rehabilitativ geschulten Therapeut*innen und weiteren Fachkräften wie Sozialarbeiter*innen und Ernährungsberater*innen zusammengesetzt. Sie suchen die Patienten in der häuslichen Umgebung, zum Beispiel in ihrer Wohnung oder im Seniorenheim, auf. Dadurch wird die Rehabilitation positiv beeinflusst, denn die vertraute Umgebung spielt gerade bei starken kognitiven Einschränkungen (z.B. bei Demenz) eine wichtige Rolle.

Regionale Gesundheits- und Pflegekonferenzen

Damit die Gesundheitsversorgung sich stets an den regionalen Bedürfnissen orientiert, sollte es regelmäßige Gesundheits- und Pflegekonferenzen geben. Bei diesen können Kommunalpolitiker*innen, Krankenkassen, Leistungserbringer und Patientenvertreter*innen die regionalen Bedarfe und Handlungsempfehlungen beraten und gemeinsam nach Lösungen suchen, um die Gesundheitsförderung und -versorgung regional sicherzustellen.

Illustration: Mandy Münzner

Kommunale Gesundheitszentren bzw. Medizinische Versorgungszentren (MVZ)

Besonders in unseren ländlichen Räumen haben wir bereits jetzt im Gesundheits- und Pflegebereich einen Fachkräftemangel, der sich künftig noch weiter verschärfen wird. Deshalb müssen wir mehr denn je attraktive Voraussetzungen für die Fachkräfte schaffen. So spielt für viele Berufstätige die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine große Rolle. Aber auch der Schritt in die Selbstständigkeit schreckt viele vor einer Praxisübernahme oder -eröffnung ab. Daher sind Gesundheitszentren in kommunaler Trägerschaft eine gute Alternative, um auf die Bedürfnisse von Fachkräften und die Bedarfe in der regionalen Gesundheitsversorgung einzugehen. Das Gesundheitszentrum bildet dabei das Haus, in dem sich verschiedene Professionen wieder finden – vom Hausarzt und der Fachärztin über den Pflegedienst und die Apotheke bis hin zur Physiotherapie und Kurzzeitpflege.

Für die medizinische und pflegerische Versorgung ist die kommunale Verantwortung von besonderer Bedeutung. Denn die Entscheider*innen vor Ort kennen die einzelnen Bedarfe am besten und können in Kooperation mit den Kranken- und Pflegekassen, der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen und den Bürger*innnen gemeinsam Lösungen finden. Hierfür gilt es die entsprechenden Grundlagen zu schaffen. Die Finanzierung der einzelnen Leistungen, wie Rehabilitation, Heil- und Hilfsmittel oder ärztliche Leistungen, erfolgt im Rahmen der Regelversorgung über die Krankenkassen. Eine Anschubfinanzierung für Gesundheitszentren kann durch das Land ermöglicht werden. Aus Sicht von uns BÜNDNISGRÜNEN benötigt es auch in den nächsten Landeshaushalten dafür weitere Mittel.

Wir sind überzeugt: Wir müssen in Sachsen den Mut aufbringen, den Weg hin zu Gesundheitsregionen zu bestreiten – und diesen Prozess immer wieder zu reflektieren und an neue Entwicklungen anzupassen.

Beispiele, dass dieser Schritt gelingen kann, finden wir in anderen Bundesländern bereits:

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