Datum: 10. September 2025

Aktuelle Debatte Rundfunk – Maicher: Was der AfD nicht in den Kram passt, ist für sie Verschwörung und Doppelmoral

Redebeitrag der Abgeordneten Dr. Claudia Maicher (BÜNDNISGRÜNE) zur Dritten Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion AfD: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, die Doppelmoral und das Leben der Anderen“

18. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 10.09.2025, TOP 2

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir sind wieder mitten drin in der Geisterdebatte zum öffentlich-rechtlich Rundfunk. ‚Aktuell‘ ist an diesem Thema nur, dass die sächsische Geisterjäger-Fraktion ihre allerneusten Sichtungen präsentiert. Siehe da, es gibt sie doch! Die erschreckenden Vergehen der Systemmedien. Diesmal haben sie gleich den Großmeister Böhmermann am Wickel. Und auch beim MDR hat sich wohl was zugetragen. Wurde da etwa die Privatsphäre unbeteiligter kleiner Bürger ungestraft verletzt?

Die ganze Empörung hält wie immer keiner Prüfung stand. Die Enttäuschung hätte sich die AfD ersparen können, wenn sie dem Rundfunkbeauftragten für den Datenschutz der öffentlich-rechtlichen Anstalten im letzten Medienausschuss zugehört hätte.

Aber das ist ja auch nicht das Interesse dahinter. Es geht wie immer nur um Dauerfeuer auf öffentlich-rechtliche Journalistinnen und Journalisten. Andere Qualitätsmedien dürfen sich mit angesprochen fühlen.

Natürlich könnte man über die Grenzen der Medien- und Pressefreiheit sachlich diskutieren. Es gibt sie, wie es auch Grenzen des Persönlichkeitsrechts gibt. Es ist ziemlich normal in unserer Demokratie, dass Grundrechte gegeneinander abgewogen werden müssen. Mit entsprechenden Ausnahmen im Datenschutzrecht für das journalistische Arbeiten ist das auch alles rechtlich fixiert und alles andere als Ansichtssache.

Das trifft auch auf die hier heraufbeschworenen Fälle zu. Die AfD will die Antworten auf ihre Unterstellungen aber nicht hören. Was ihnen nicht in den Kram passt, ist Verschwörung und Doppelmoral.

Um die Opferrolle zu unterstreichen, muss ein Stasi-Vergleich her. Das ist eine erbärmliche Vereinnahmung der Schicksale von Stasi-Opfern, die unter Repression und Zersetzung gelitten haben und nicht auf einen Rechtsstaat vertrauen konnten.

Nochmal zur Aufklärung: Wenn die Identität eines Influencers aufgedeckt wird, dann gehört das zum Berufsrisiko eines einflussreichen Meinungsmachers dazu, wenn er auch nur als Clown im Nebenjob tätig ist. Die faktenbasierte Aufklärung liegt im öffentlichen Interesse und gehört zur journalistischen Arbeit.

Journalistische Standards immer wieder zu reflektieren, ist eine Aufgabe der Aufsichtsgremien und des Presserates. Mit journalistischer Sorgfaltspflicht haben die Quellen, auf die die AfD vertraut, wie Appollo-News und „nius“, übrigens nichts am Hut. Da ist Desinformation und Verschwörung Programm.

Der demokratische Meinungsbildung steht heute unter Druck, weil permanent rechte Angriffe auf Qualitätsjournalismus gefahren werden, und das im Deckmantel von Meinungsfreiheit und Journalismus. Das müssen wir zum Schutz der Medienfreiheit durchschauen und entkräften.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich belasse es jetzt dabei. Denn was wir in Deutschland eigentlich brauchen, sind starke und moderne öffentlich-rechtliche und andere Qualitätsmedien. Wir brauchen vertrauenswürdige und verlässliche Informationen, die ein Gegengewicht zur Meinungsmacht der Big-Tech-Konzerne bilden.

Denn längst ist klar, dass deren Dominanz für die demokratische Meinungsbildung höchst gefährlich ist und auf einigen großen Plattformen Desinformation und gezielte Steuerung von Information an der Tagesordnung sind. Darauf müssen wir medienpolitische Antworten geben.