Datum: 30. Oktober 2025

Erneuerbare – Löser: AfD will Sachsen von der weltweiten Entwicklung abhängen und Zukunft unserer Wirtschaft gefährden

Redebeitrag des Abgeordneten Thomas Löser (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Netzstabilität sicherstellen – EEG und WindBG abschaffen“ Drs 8/4466

21. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 30.10.2025, TOP 8

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

nur weil man etwas immer wieder wiederholt, wird es ja nicht wahrer. Das ist ja nun der gefühlt 100. Antrag zum Thema Energiewende und Windkraft schlecht reden, aber deswegen werden sie weder die weltweite Entwicklung hin zu erneuerbaren Energien aufhalten noch hier in Sachsen den Ausbau aufhalten.

Am Ende würden sie nur eins tun: Sie hängen uns von der weltweiten Entwicklung ab und gefährden die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit unseres Freistaats.

Aber im Einzelnen: Sie reden von „Netzinstabilität“. Schauen wir doch einmal auf die Fakten:

2024 lag die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung in Deutschland bei 11,7 Minuten – ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Damit haben wir eines der zuverlässigsten Stromnetze Europas. Frankreich liegt bei 48 Minuten mit Atomkraft, USA mit Atomkraft weit, weit drüber.

Die Kosten für Regelungseingriffe in Deutschland  sind sogar gesunken, weil der Netzausbau endlich vorangeht. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat es kürzlich auf den Punkt gebracht: „Die Energiewende kommt voran – ohne Einbußen bei der sicheren Stromversorgung.“

So viel also zur vermeintlichen „energiepolitischen Geisterfahrt“.

Und wenn wir schon bei falschen Behauptungen sind: Die angebliche „Preisgefahr“ entsteht nicht durch Windräder, sondern durch unsere alte Abhängigkeit von fossilen Importen. Als Putin den Gashahn zudrehte, explodierten die Preise. Erneuerbare haben geholfen, sie zu dämpfen.

Sie reden ja nun ständig von deutscher Souveränität, wir nennen es Nationalismus – aber bei Energie wollen Sie sich wieder in maximale Abhängigkeit von russischem Gas begeben, statt vor Ort Wind und Sonne zu nutzen. Solche Widersprüche muss man erstmal aushalten können.

Auch bei der angeblichen „Belastung der regionalen Wertschöpfung“ ist das Gegenteil richtig: Kommunen, die Erneuerbare ausbauen, profitieren direkt – durch Gewerbesteuern, Pachten und Beteiligungen. Allein durch das sächsische Ertragsbeteiligungsgesetz fließen rund 20.000 Euro pro Jahr und Windrad in die Gemeindekassen. Das stärkt Akzeptanz und lokale Wirtschaft.

Und die Industrie? Der sächsische Stahlgipfel hat vergangene Woche klar gefordert: „Ausbau erneuerbarer Energien und Speichertechnologien zur Stabilisierung von Preisen und Versorgungssicherheit.“ Das steht im direkten Widerspruch zu Ihrem Antrag.

Vom Versorger über die Netzbetreiber bis hin zu energieintensiven Unternehmen – alle wissen längst, dass Zukunft nur nach vorn geht: mehr Erneuerbare, mehr Speicher, endlich ein starkes Netz, mehr Energie in Bürgerinnenhand.

Aber während ganz Europa Tempo macht, hinkt Sachsen hinterher: Netto gerade einmal drei neue Windräder im ersten Halbjahr 2025 – das sind 33 Megawatt. In Brandenburg war es das Sechsfache, in Nordrhein-Westfalen das Sechzehnfache.

Das ist keine „Überforderung“, das ist Stillstand – und der schadet am Ende den Menschen und Betrieben hier im Land.

Und weltweit? 2024 wurden 585 Gigawatt Erneuerbare neu installiert – über 90 Prozent aller neuen Kraftwerksleistungen. China allein hat 278 Gigawatt Photovoltaik und 46 Gigawatt Wind zugebaut – nicht, weil man dort die „Klimahysterie“ erfunden hätte, sondern weil erneuerbare Energie einfach die günstigste Art der Energieerzeugung ist.

Wissen sie wie der Anteil der erneuerbaren Energien in Uruguay ist? 98 Prozent.

Diese Entwicklung ist kein grüner Wunschtraum, sie ist knallharte Realität der globalen Märkte.

Was Sie hier also fordern, ist nichts anderes als rückwärtsgewandte Symbolpolitik – ohne jeden Lösungsvorschlag. Und nein, eine vage Hoffnung auf „Kernfusion ab 2055“ ist kein industriepolitisches Konzept, das auch nur ein Unternehmen in Sachsen hält.

Und nur noch am Rande: Selbst im ländlichen Raum gibt es doch längst gar keine von Ihnen beschworene Mehrheit gegen Erneuerbare: 57 Prozent der Menschen in Sachsen stehen ihnen positiv gegenüber, nur 14 Prozent lehnen sie ab.

Das zeigt: Die Gesellschaft ist insbesondere in Sachen Energiepolitik viel weiter als Ihre Partei.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
lassen wir uns nicht von dieser destruktiven Energiepolitik treiben. Sachsen kann Energie- und Industrieland bleiben – aber nur auf der Basis erneuerbarer, regionaler und gerechter Energie.

Oder, um aus der Begründung Ihres Antrags zu zitieren: „Um unumkehrbare Schäden von unserem Freistaat abzuwenden“ lehnen wir diesen ideologischen und wirtschaftsfeindlichen Antrag selbstverständlich ab.

Vielen Dank.