Transparenzbericht – Lippmann: Eine Verschiebung der Transparenzplattform bedeutet zwei Jahre weniger Transparenz und zwei Jahre weniger Vertrauen
Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum „1. Tätigkeitsbericht nach dem Sächsischen Transparenzgesetz, Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 30. September 2024“ (Drs 8/1241)
18. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 10.09.2025, TOP 9
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
zum ersten Mal liegt uns ein Tätigkeitsbericht zum Sächsischen Transparenzgesetzes vor. Zunächst möchte ich der Sächsischen Datenschutz- und Transparenzbeauftragten, Frau Dr. Juliane Hundert, ausdrücklich danken. Ihr Bericht zeigt eindrucksvoll: Dieses Gesetz wirkt und schließt eine über viele Jahre bestehende Lücke in Sachsen.
Der Bericht ist mehr als eine Bilanz – er zeigt, wie Bürgerinnen und Bürger ihr Recht aktiv nutzen, wie Behörden lernen, offener zu werden, und wo wir als Gesetzgeber noch nachschärfen müssen.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2023 sind hunderte Anfragen und zahlreiche Petitionen gestellt worden. Und es ist allen Unkenrufen zum Trotz zu keinem Stillstand der Verwaltung gekommen.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
das Gesetz schafft Vertrauen, weil Verwaltung sich nicht länger hinter verschlossenen Aktenstapeln verstecken kann. Dieser Mehrwert ist unübersehbar – für die Demokratie, für das Vertrauen in staatliches Handeln, und für die Bürgerinnen und Bürger, die endlich ihr Informationsrecht ausüben können. Das sind keine Bagatellen, das ist gelebte Demokratie.
Und natürlich: Es gibt Nachsteuerungsbedarf. Das benennt auch der Bericht klar:
- Kommunen und Gemeinden sind bisher nur freiwillig transparenzpflichtig – und das, obwohl genau dort die Informationen entstehen, die die Menschen unmittelbar betreffen. Vom Kita-Ausbau bis zur Straßenplanung gibt es bislang keinen verbindlichen Zugang. Das ist eine große Leerstelle. Unsere Aufgabe ist es daher, dafür zu sorgen, dass das Transparenzgesetz endlich auch für die Kommunen verbindlich wird.
- Die Liste der Ausnahmen ist zu lang. „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung“ – dieses Gummiband darf nicht weiter ausgedehnt werden, bis am Ende jede unbequeme Information darunterfällt.
- Und auch die Frage der Gebühren muss klar sein: Transparenz darf nicht vom Geldbeutel abhängen.
Bemerkenswert ist, dass das der Bericht klarstellen muss: Schon jetzt müssen Informationen auf Antrag zugänglich gemacht werden, selbst wenn sie später auch auf der Transparenzplattform veröffentlicht werden. Das heißt: Die Verwaltung kann sich nicht mit Verweis auf ein zukünftiges Portal aus der Pflicht ziehen.
Aber, meine Damen und Herren,
Nachsteuerung heißt besser machen – nicht (aus-)bremsen.
Damit komme ich zum Kern. Das Herzstück dieses Gesetzes wird die Transparenzplattform. Sie ist mehr als eine technische Lösung – sie ist das Versprechen, dass Informationen von öffentlichem Interesse aktiv, kostenlos und barrierefrei zugänglich gemacht werden. Beschlüsse der Staatsregierung, Verträge der Daseinsvorsorge, Gutachten, Studien – all das soll dort zentral auffindbar sein. Mit der Plattform wird Transparenz nicht nur eingefordert, sondern praktisch erlebbar.
Und nun soll die Inbetriebnahme der Plattform um zwei Jahre verschoben werden. Ich sage es deutlich: Dieses „Nachsteuern“ bezweckt keine technische Feinjustierung, sondern eine politische Rolle rückwärts. Es wäre ein fatales Signal – an die Bürgerinnen und Bürger, die ihr Recht ausüben wollen, und an all jene, die noch skeptisch auf die Wirksamkeit dieses Gesetzes blicken.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Eine Verschiebung bedeutet zwei Jahre weniger Transparenz, zwei Jahre weniger demokratische Teilhabe, zwei Jahre weniger Vertrauen.
Und währenddessen wundern sich dieselben Stimmen – von CDU über AfD bis BSW – über Politikverdrossenheit. Ja, wie soll Vertrauen wachsen, wenn Sie den Menschen den einfachsten Weg zum Informationszugang vorenthalten? Wenn Sie das Herzstück des Gesetzes künstlich stilllegen, bevor es überhaupt schlägt?
Ich habe kein Verständnis für die Pläne der Minderheitskoalition, das Transparenzgesetz rückabzuwickeln und den Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger zu schleifen.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Transparenz ist kein Selbstzweck und auch keine lästige Pflicht. Sie ist die Grundlage demokratischer Legitimation. Sie ermöglicht Teilhabe. Wer Angst vor Transparenz hat, der hat offenbar Angst vor den eigenen Entscheidungen.
Das Sächsische Transparenzgesetz war und ist ein Meilenstein. Es ist ein Erfolg für die Bürgerinnen und Bürger – und es ist ein Fortschritt, den wir nicht wieder hergeben dürfen. Der Bericht zeigt, dass Transparenz funktioniert, dass Bürgerinnen und Bürger ihr Recht einfordern, dass Verwaltung offener wird. Aber er zeigt auch, dass wir mutig weitergehen müssen – nicht zögern.
Darum unser Appell: Keine Verzögerung, keine Ausreden. Ich hoffe, dass es im nächsten Bericht der Transparenzbeauftragten dann auch um die Transparenzplattform geht. Denn Sachsen darf nicht wieder Schlusslicht sein, sondern muss Vorreiter bei der Transparenz der Behörden werden.
Vielen Dank.