Transparenzplattform – Lippmann: Mit Verschiebung spielen CDU und SPD auf Zeit, um Transparenzgesetz komplett abzuschaffen
Redebeitrag des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNISGRÜNE) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung: „Erstes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Transparenzgesetzes“ Drs 8/3802
22. Sitzung des 8. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 03.12.2025, TOP 3
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
als Sachsen in der letzten Wahlperiode mit den BÜNDNISGRÜNEN in der Regierungsbeteiligung das Transparenzgesetz einführte, war dies ein Meilenstein. Mit der roten Laterne in der Hand, weil es nicht einmal ein Informationsfreiheitsgesetz gab, war die Entscheidung des Landtages, mit einem guten Transparenzgesetz gleich ins vordere Mittelfeld zu ziehen, ein Paradigmenwechsel. Damals wurde auch im Koalitionsvertrag vereinbart, die Ausweitung auf die Kommunen ebenfalls in den Blick zu nehmen.
Doch mit der neuen Koalition aus CDU und SPD ist von diesem Anspruch nichts mehr übrig. Stattdessen wird unter fadenscheinigen Argumentationen nun das Herzstück diese Transparenzgesetzes vorerst stillgelegt – die Transparenzplattform, die allen Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen soll, auf einen Teil der Dokumente der Verwaltung zuzugreifen, ohne dafür extra einen Antrag stellen zu müssen. Die Plattform stellt eine moderne, praxisnahe und niedrigschwellige Möglichkeit dar, Informationen bereitzustellen und abrufen zu können.
Es ist der Punkt, der ein Transparenzgesetz von bloßer Informationsfreiheit unterscheidet. Er ist der Punkt, der den großen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger bringt. Es ist der Punkt, der nun der Rolle rückwärts der Minderheitskoalition zum Opfer fallen soll, obwohl die Transparenzplattform technisch fertig und betriebsbereit ist.
Die Minderheitskoalition will nun ein fast fertiges Haus niederreißen, nur weil sie keine Lust mehr aufs Dachdecken hat. Angeblich wegen der zu hohen Kosten und vorgeblich zum Zwecke des Bürokratieabbaus.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
ein fertiges Tool, in dessen Entwicklung hunderttausende Euro geflossen sind, soll in Zeiten nahezu vollelektronischer Aktenführung und passender digitaler Schnittstellen zum Zwecke der Kosteneinsparung und des Bürokratieabbaus eingestampft werden.
Das klingt wie ein Schildbürgerstreich und ist nur rational erklärbar, wenn man versteht, dass es hier um weit mehr geht als etwas Zeit zu gewinnen: Mit der Verschiebung der Transparenzplattform spielen CDU und SPD auf Zeit, um das Transparenzgesetz in Sachsen komplett abzuschaffen.
Denn wenn man das Herz aufhören lässt zu schlagen, wird die Wiederbelebung sehr schwer. Dies gilt umso mehr, als dass sich die Staatsregierung ohrenbetäubend darüber ausschweigt, was man in zwei Jahren mit der fertigen Plattform eigentlich vor hat und was sich eigentlich in zwei Jahren an den jetzt vorgeschobenen Problemen geändert hat.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
wenn nun das BSW in vasallentreuer Verfügbarkeit heute – die eigenen wohlfeilen Wahlkampfversprechen der Transparenz über Bord werfend – die Stimmen für diese Verschiebung liefert, werden sie in zwei Jahren wieder mit dem gleichen – in ähnlicher Vehemenz vorgetragenen – Wunsch konfrontiert sehen, die Plattform nochmal zu verschieben, denn bis dahin wird sich nicht geändert haben.
Wir erleben hier ein Possenspiel, in dem das BSW nicht einmal erkennt, was hier gespielt wird. Ich kann nur hoffen, dass Ihnen dann in zwei Jahren klar ist, dass Sie an der Nase herumgeführt wurden.
Traurig ist dies für alle, die für ein modernes Staatsverständnis stehen, die einfach nur als mündige Bürgerinnen und Bürger mehr Transparenz staatlicher Stellen wollen und für jene Kommunen, die auf die fristgerechte Einführung der Transparenzplattform gehofft haben. Städte wie Dresden haben auf das Gesetz und auf die Staatsregierung vertraut. Diese werden nun enttäuscht – ohne Not, ohne Sinn und ohne Verstand.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Transparenzgesetze sind Ausdruck eines modernen Staatsverständnisses. Eines Staatsverständnisses, in dem mündige Bürgerinnen und Bürger jederzeit jene Informationen bereitgestellt bekommen, die sie für ihr demokratisches Engagement benötige. Ausdruck einer res publica im besten Sinne.
Sachsens Verfassung war – aus den Erfahrungen der DDR und dem Versprechen der friedlichen Revolution – seinerzeit Vorreiter in Sachen Transparenz, indem es dem Anspruch auf den Zugang zu Umweltdaten Verfassungsrang verlieh. Denn allen war klar, wie wichtig der Informationszugang für eine Demokratie ist.
In Zeiten, in denen unsere Demokratie unter einem so nie da gewesenen Vertrauensverlust leidet, kann Transparenz ein Baustein sein, sie zu stärken. Wir sollten sie stärken, statt schwächen. Diesem Ansinnen erweisen wir einen Bärendienst, wenn mit dem heute abzustimmenden Gesetzentwurf zur Änderung des Transparenzgesetze der erste Baustein für seine Abschaffung gesetzt wird.
Wir lehnen den Gesetzentwurf daher ab. Vielen Dank.